Zahlungsmittel sind Schulden?: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 13. Februar 2018, 21:14 Uhr

Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Thomas Jordan: Der nette Freund der privaten Geldschöpfung“ von Christoph Pfluger sowie den fast 400 Kommentaren dazu. Die Kommentare folgen jedoch nicht so sehr dem Leitartikel, sondern beschäftigen sich eher mit Grundsätzlichkeiten zu Bargeld und Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei der Schweizer Nationalbank, SNB.

Zuerst wird das Modell des Kreditgeldsystems vorgestellt, bevor auf die davon abweichenden Modellvorstellungen verschiedener Kommentatoren eingegangen wird.


Gesetze über Bargeld

Der Gesetzgeber hat das Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel definiert.[1]

Besteht in einem Staat eine „Geldschuld“ und ist keine Vereinbarung über das zu benutzende Zahlungsmittel getroffen worden, ist die Geldschuld mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel zu begleichen. Dies erfolgt durch die Übergabe von Bargeld. Die Parteien können sich aber auch darauf einigen, dass durch die Zurverfügungstellung eines Geldbetrages auf dem Girokonto eine Geldschuld als getilgt gilt.

Schuldgeld allgemein

Weitgehend übereinstimmend wird unser heutiges Geldsystem als Schuldgeldsystem wahrgenommen[2]. Wird in ein privates Schuldverhältnis noch eine Bank mit eingeschaltet, entsteht ein Zahlungsmittel, welches allgemein als „Geld“ angesehen wird. Weitere Bezeichnungen sind Giralgeld, Geschäftsbanken-Buchgeld, Sichtguthaben und Bankguthaben. Auch wenn die Bank z. B. eine Immobilie kauft und den Kaufpreis durch eine Erhöhung des Sichtguthabens des Verkäufers begleicht, ist Giralgeld entstanden. Das Giralgeld stellt gleichzeitig auch eine Geldschuld der Bank, gegenüber dem Kontoinhaber dar.

Das Giralgeld kann der Kontoinhaber verwenden um:

  • eine Überweisung zu tätigen, d.h. die Schuld der Bank wird an den Überweisungsempfänger übertragen,
  • eine eventuell bei der Bank bestehende Schuld zu tilgen,
  • sich das Giralgeld in Bargeld, „Inhaberschuldverschreibungen der Zentralbank“ auszahlen zu lassen.

Es stellt sich gleich die Frage, wodurch denn das Giralgeld der Geschäftsbanken gedeckt sei. In der Bilanz der Geschäftsbank wird das Giralgeld als „Schuld der Bank“ auf der Passivseite aufgeführt, während die Aktivseite die „Vermögenswerte“ der Bank auflistet. Die Schulden der Bank sind durch diese Aktiva gedeckt, welche größtenteils wieder aus Kreditschulden ihrer Kreditnehmer bestehen. Verlangt der Kontoinhaber eine Auszahlung seines Guthabens mit Bargeld, nimmt die Geschäftsbank einen Kredit bei der Zentralbang auf und erhält „Inhaberschuldverschreibungen der Zentralbank“, d. h. Banknoten. Somit ist dieses Bargeld auch wieder indirekt durch die Vermögenswerte der Geschäftsbank gedeckt, durch realwirtschaftliche Leistungen.

Finanzierung

Aktiengesellschaft

Wird ein Unternehmen als AG gegründet oder ein bestehendes Unternehmen zur Kapitalerhöhung in eine AG überführt, werden Anteilsscheine am Unternehmen, Aktien, herausgegeben. Die AG erhält flüssige Mittel von den Aktienkäufern. Dieser Vorgang ist jedoch nicht mehr ohne Weiteres umkehrbar. Als Aktionär kann ich nicht zur AG gehen, meine Aktien vorlegen und mein Geld zurückverlangen. Die AG selbst kann hingegen auf eigene Initiative ein Rückkaufprogramm starten und eigene Aktien aufkaufen. Dazu kann sie der einzelne Aktionär jedoch keineswegs zwingen. Wird hingegen die AG aufgelöst, sei es durch einen Aktionärsbeschluss oder den Konkursverwalter, hat der Aktionär einen Anspruch auf eventuell noch vorhandenes Restvermögen. Während der „Lebenszeit“ der AG hat der Aktionär einen Anspruch auf einen Anteil an der Gewinnausschüttung, sofern eine solche vorliegt. Er kann am Markt seine Aktien verkaufen und dabei einen Kursgewinn realisieren oder aber auch einen Verlust einfahren. Er ist also keineswegs auf immer an die AG gebunden.

Geschäftsbank

Auch eine Geschäftsbank kann die Form einer AG besitzen, als Beispiel sei die „Deutsche Bank AG“ genannt. Auf diese treffen auch die vorgenannten allgemeinen Aussagen zu Aktiengesellschaften zu.

Bedingt durch das mit einer Banklizenz verbundene Recht, Kundeneinlagen anzunehmen und zu verwalten, besitzt eine Geschäftsbank aber noch eine weitere Finanzierungsquelle, die Sichtguthaben Ihrer Kunden. Diese bilden einen Bodensatz an Mitteln, den ihr die Kunden dauerhaft als „immerwährende Anleihe“ überlassen. Für diese Mittel muss die Geschäftsbank aber keine Zinsen bezahlen. Nach Basel III muss sie lediglich zwischen 3 und 10 % der Sichtguthaben an flüssigen Aktiven zur Bedienung dieser Sichtguthaben bereithalten. Kein anderes Unternehmen besitzt eine derart komfortable Finanzierungsquelle. Erst bei Auflösung der Bank müssen diese Sichtguthaben endgültig bedient werden, wenn dann noch genügend Vermögenswerte vorhanden sind.

Eine Besonderheit dieser Mittel bildet jedoch die Tatsache, dass die Sichtguthaben auch als Zahlungsmittel bei den Nichtbanken dienen. Mit ihnen können Geschäfte finanziell abgewickelt werden. Auch können Banken ihre Einkäufe mit der Erhöhung der Sichtguthaben begleichen.

Wie auch bei den allgemeinen Aktiengesellschaften kann auch der Sichtguthaben-Inhaber nicht zur Geschäftsbank gehen und für seine Sichtguthaben die Herausgabe von Vermögenswerten der Geschäftsbank verlangen. Es bleiben ihm lediglich die am Anfang erwähnten drei Möglichkeiten der Verwendung, die Überweisung, die Schuldentilgung und die Auszahlung von Bargeld. Gegenüber dem Aktionär, der seine Aktien lediglich an einen Kaufwilligen veräußern kann, hat der Sichtguthaben-Inhaber also bedeutend mehr Möglichkeiten, sein Guthaben zu verwenden. Die Schuldentilgung ist selbstverständlich nur im Umfang der von der Geschäftsbank vorgenommenen befristeten Käufe möglich. Hat die Geschäftsbank jedoch endgültige Käufe getätigt, bleibt der Anspruch der Sichtguthabenbesitzer fortwährend bestehen und somit auch die Schuld der Geschäftsbank.

Zentralbank

Die Zentralbank zeigt bezüglich der Vermögens- und Schuldensystematik die gleiche Struktur wie eine Geschäftsbank. Auch sie kann sowohl befristete wie auch unbefristete Käufe tätigen. Sämtliche Käufe begleicht sie, indem sie ihren Kunden, im Wesentlichen den Geschäftsbanken, Sichtguthaben in entsprechender Höhe einrichtet. Hier gilt jedoch auch die gleiche Problematik wie zwischen Nichtbanken und Geschäftsbanken, dass ein Besitzer von Sichtguthaben bei der Zentralbank von dieser keineswegs die Herausgabe von dauerhaft erworbenen Vermögenswerten fordern kann. Die Sichtguthaben können nur für Überweisungen und zur Tilgung von Schulden verwendet werden. Dies bedeutet, dass sämtliche befristeten Käufe der Zentralbank auch wieder von dieser rückabgewickelt werden müssen. Das Kaufgut erhält der ehemalige Verkäufer zurück und muss im Gegenzug der Zentralbank deren Schuldverbindlichkeiten, bestehend aus Bargeld oder Sichtguthaben, zurückgeben. Mit unbefristeten Käufen erworbene Güter kann der Inhaber von Zentralbank-Sichtguthaben hingegen nicht zurückfordern. Fazit aus dem Vergleich der Finanzierung von Unternehmen, Geschäftsbanken und der Zentralbank:

  • Aktien sind dauerhafte Anteilscheine am Unternehmen, welche verkauft werden können. Ein Anspruch des Aktionärs auf Rückgabe und Erstattung der Aktien besteht nicht.
  • Sichtguthaben bei Geschäftsbanken beinhalten teilweise eine fortwährende Anleihe des Kontoinhabers an die Geschäftsbank.
  • Sichtguthaben bei Zentralbanken und Bargeld beinhalten teilweise eine fortwährende Anleihe von Nichtbanken und Geschäftsbanken an die Zentralbank.

Einzelnachweise

  1. In der Schweiz zählen auch die Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei der Schweizer Nationalbank zu den gesetzlichen Zahlungsmitteln. Bundesgesetz über die Währung und die Zahlungsmittel, Abruf 5. Februar 2018 und Öffentliche Zahlungsmittel Abruf 5. Februar 2018
  2. Details hierzu können unter Schuldgeldtheorie nachgelesen werden