Martin Scheytt: Kreditschöpfungs-Theorie

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Buchgeldschöpfung aus dem Nichts

Da Scheytt im Buchgeld kein
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Geld sieht, bleiben wir vorerst beim Begriff Bankguthaben bzw. Kreditguthaben. Bankguthaben, falls die Sichteinlage auf einer Bareinzahlung beruht und Kreditguthaben, falls die Sichteinlage aus einem gewährten Kredit resultiert.

Kreditguthaben werden nach der modernen Kredittheorie aus dem Nichts geschöpft. Am Beispiel eines bargeldlosen Zahlungssystems kann dies gut erläutert werden. Anton benötigt einen Kredit in Höhe von 10.000 €. Nach der Kreditgewährung bucht die Volksbank Moosberg auf seinem "Kreditkonto" eine Forderung in Höhe von 10.000 €. Für die Bank ist dies ein personenbezogenes Konto "Forderungen an den Kunden Anton". Der Gegenwert von 10.000 € wird auf sein Girokonto gebucht. Die Bank bezeichnet dieses Konto als "Verbindlichkeit gegenüber Kunden, Sichteinlage des Kunden Anton". Die Bank besitzt nun eine Forderung gegen Anton und im Gegenzug Anton ein Kreditguthaben in gleicher Höhe. Aus diesem Kreditguthaben können dann Überweisungen erfolgen. Antons Kreditguthaben ist neues, von der Volksbank Moosberg geschöpftes, Zahlungsmittel.

Auf beiden Seiten der Bilanz wurden 10.000 € hinzugefügt. Man spricht heute von einer Bilanzverlängerung (sog. Aktiv-Passiv-Mehrung oder Bilanzmehrung). Es fällt nun auf, das zwischen der Einzahlung von Bargeld wie auch der hier beschriebenen Schöpfung von Kreditguthaben bezüglich des Bilanzergebnisses kein Unterschied besteht. Auf der Aktivseite wird nur zwischen den Bilanzposten "Kassenbestand" und "Forderung an Kunden" gewechselt.

Zur Unterscheidung der beiden Vorgänge werden auch die Begriffe aktive und passive Buchgeldschöpfung benutzt. Da bei der Bargeldeinzahlung die Initiative zur Schöpfung des Bankguthabens vom Kunden ausgegangen ist, spricht man von "passiver Buchgeldschöpfung". Die Bank war nur passiv an der Buchgeldschöpfung beteiligt. Anders sieht es bei der Guthabenschöpfung aus einem Kreditakt aus. Hier schöpft die Bank aktiv neues Bankguthaben. Deshalb wird diese Schöpfung als "aktive Buchgeldschöpfung" bezeichnet.

Die Unterscheidung in "Sichteinlage Bargeld" und "Sichteinlage Kredit" ist rein theoretischer Natur wie auch entsprechend die Verwendung der Begriffe "Bankguthaben" und "Kreditguthaben". In der Bankenpraxis ist hier keine Trennung vorhanden. Das "Sammelkonto Sichteinlagen" lässt nicht mehr erkennen, woher die Mittel gekommen sind. Waren es Bargeldeinzahlungen oder stammen die Mittel aus Krediten? Spätestens nach der ersten Überweisung kann niemand mehr erkennen, woraus das ursprüngliche Guthaben entstanden ist.

Aus dem Modell mit einer Einzelbank wird geschlossen, dass, sofern Anton und Beno Kunden der gleichen Bank sind, diese Bank in beliebigem Ausmaß Kreditguthaben schöpfen kann. Gewähren sich all Banken zum Ausgleich ihrer gegenseitigen Forderungen Kredite, "dann gibt es für die beteiligten Banken keine Kreditgrenze". Nach Gestrich[1] ist die Kreditschöpfungsmöglichkeit einer Bank jedoch abhängig von dem Verhältnis der vorhandenen Liquiditätsreserve zu ihren Zahlungsverpflichtungen. Bei einer Liquiditätsreserve von 25% kann die Bank aus einem Zahlungsüberschuss von 1.000 € ihre Kredite um das Vierfache auf 4.000 € ausdehnen (Scheytt, S.17).


Einzelnachweise

  1. Hans Gestrich: Kredit und Sparen. 3 Auflage. Klett-Cotta, 1957, ISBN 978-3-608-98296-1.