Geldschöpfung: Wicksellsche Idealbank: Unterschied zwischen den Versionen

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== Die Idealbank nach Wicksell ==
 
  
Das Modell der Idealbank zur Diskussion grundlegender Funktionen unseres Geldsystems wurde von dem  schwedischen Ökonomen Knut Wicksell erstmals angewandt. Dabei ging er davon aus, dass in einem Land nur eine Bank existiert. Sämtliche Zahlungen werden bargeldlos getätigt. Dieses Modell wurde in vielen Sach- und Fachbüchern an den Anfang der Überlegungen zur Entstehung von Giralgeld gestellt. So auch von Erich Schneider „Einführung in die Wirtschaftstheorie“, II Kapitel, „Geldschöpfung und Geldvernichtung“, 1952.
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#redirect[[Das Geldrätsel: Wicksellsche Idealbank]]
Sämtliche Zahlungsmittel in der Volkswirtschaft werden ausschließlich in Form von Guthaben bei der „Idealbank“ gehalten. Zahlungen erfolgen ausschließlich durch Umschreibungen auf den Kontenblättern. Einige Aspekte der Geldschöpfung lassen sich an diesem Modell gut aufzeigen.
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Doch zuvor kann man sich die Frage stellen, wozu werden Banken überhaupt benötigt. Geschäfte können doch auch ohne Banken auf rein privater Ebene abgewickelt werden.
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Nachfolgend ein Beispiel mit Einschaltung einer Bank, in eine zuvor rein private Geschäftsabwicklung:
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Benno kauft Waren von Anton[[Datei:Kredit02.png| rechts]] und muss diese natürlich auch bezahlen. Sobald die Waren geliefert sind, hat Anton einen Anspruch auf Geld in Höhe des Kaufpreises. Anton hat eine Forderung gegen Benno. Anton ist Gläubiger und Benno Schuldner. Hat Benno das Bargeld in seiner Kasse und zahlt bar, ist damit das Geschäft abgeschlossen. Im Land der  Wicksellschen Idealbank existiert aber kein Bargeld sondern nur Buchgeld. Da dieses Buchgeld nur von der Idealbank erzeugt werden kann, muss diese auch an dem Geschäft beteiligt werden.
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In die direkte Gläubiger- Schuldnerbeziehung kommt also als dritter Partner die Idealbank hinzu. Sie ist gleichzeitig neuer Schuldner für Anton und neuer Gläubiger für Benno. Sofern Benno über ein entsprechendes Bankguthaben verfügt, kann die Bezahlung bargeldlos mit einer Überweisung erfolgen.
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Das Buchgeld existiert nur in der Idealbank und wird dort von einem Konto auf ein anderes Konto umgeschrieben. Aber wie entsteht denn nun dieses Buchgeld? Es kann ja nicht einfach nur vorhanden sein.
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== Buchgeldschöpfung ==
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Das Buchgeld der Idealbank kann auf unterschiedliche Art und Weise entstehen,
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* durch Kreditgewährung der Bank an einen Kunden
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* durch Ankauf von Aktiva durch die Bank, z. B. Gebäude, Wertpapiere oder andere Güter
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* oder durch Umwandlung von Spar- und Termineinlagen in Sichteinlagen.
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==== Buchgeldschöpfung durch Kreditgewährung====
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Benno benötigt Buchgeld [[Datei:Bilanz15.png|rechts]]zur Zahlung seiner Waren an Anton. Die Bank gewährt Benno einen Kredit über 15.000 €. Im Kreditvorgang stellt sie Benno „Buchgeld“ zur Verfügung (für die Bank eine ''"Verbindlichkeit gegenüber Kunden"'') und verzeichnet auch gleichzeitig eine Schuld Bennos (für die Bank eine ''"Forderung an Kunden"'').
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Es sind zwei Schuldverhältnisse neu entstanden. Zum einen schuldet die Bank Benno 15.000 €. Dies wird durch das entstandene "Sichtguthaben" auf seinem Konto dokumentiert. Zum anderen aber schuldet auch Benno der Bank 15.000 €. Auf seinem Kreditkonto wird dieser Betrag als Schuld aufgeführt.
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Die nebenstehende Abbildung zeigt den Geschäftsvorfall "1. Kredit Benno" und dessen Einfluss  Die grau hinterlegten Felder beschreiben die Zielorte für die Eintragungen. Diese Struktur ist allgemein festgelegt. In der Darstellung werden die Einzelposten der Bilanz gleich in die entsprechenden T-Konten aufgelöst. Über einer waagerechten Linie wird die Kontenbezeichnung eingetragen. Eine senkrechte Linie teilt die Buchungen in Soll und Haben. Diese Linien sind in der nebenstehenden Abbildung rot ausgeführt, sehen wie ein "T" aus und sind Ursprung des Namens "T-Konto".
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Die Seitenbezeichnungen "Soll" und "Haben" sind für das Verständnis der Buchungen eher verwirrend, da sie nichts mit "sollen" oder "haben" zu tun haben. Es wäre einfacher gewesen sie "links" und "rechts" zu nennen. Aber an den eingeführten Bezeichnungen "Soll" und "Haben" führt kein Weg vorbei.
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Eine Buchung erzwingt nun eine vorgegebenen Reihenfolge von Fragenstellungen und Bearbeitungsschritten.<ref>Allgemein verständliche Grundlagen zur doppelten Buchführung lassen sich auch im Internet bei Youtube finden, z. B. [http://www.youtube.com/watch?v=Er2AzIOXXSc "Grundlagen des Rechnungswesens"] ab Minute 8.</ref>
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# Welche Konten sind von dem Vorfall betroffen? (Forderungen an Kunden und Verbindlichkeiten ggü. Kunden)
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# Handelt es sich um einen Abgang oder einen Zugang? (Für beide Konten ist es ein Zugang. Die Infos in den grau hinterlegten Feldern geben die Zielorte für die  Eintragungen fest vor.)
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# Der Buchungssatz lautet immer  "Soll" an "Haben" ("Forderungen an Kunden" an "Verbindlichkeiten ggü. Kunden", 15.000 €)
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====Buchgeldschöpfung durch Ankauf von Aktiva====
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Als Aktiva bezeichnet [[Datei:Bilanz16.png|rechts]]man das Vermögen oder den Besitz eines Unternehmens. Die Idealbank kauft von Anton ein Rechnersystem, mit welchem sie künftig ihre Kontenbewegungen einfacher durchführen und dokumentieren kann. Sie bezahlt Anton mit selbstgeschöpftem Buchgeld. Auf Antons Konto werden 20.000 € gebucht. Der Buchungssatz lautet jetzt "Sachanlagen" an "Verbindlichkeiten ggü. Kunden", 20.000 €.
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Im Gegensatz zur vorherigen Kreditgewährung entsteht hier kein neues Schuldverhältnis des Kunden gegenüber der Bank. Anton erhält Zahlungsmittel von der Bank, ohne jegliche Verpflichtung für die Zukunft. Seine "Gegenleistung" hat er bereits mit der Lieferung des Rechnersystems erbracht.
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In den beiden vorgenannten Beispielen hat die Bank Zahlungsmittel neu geschaffen. Die Zahlungsmittelmenge hat sich erhöht; in der Bankbilanz ist eine ''"Mehrung"'' oder ''"Verlängerung"'' eingetreten.
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====Ist Buchgeld Geld?====
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Ist es gerechtfertigt, die in den Kontenbüchern der Idealbank aufgezeichneten Zahlen als Geld zu bezeichnen? Eine Zahl bei den "Verbindlichkeiten gegenüber Kunden" bedeutet doch, dass die Bank in Höhe dieser Zahl Schulden bei dem Kunden hat. Umgekehrt bedeutet ein Eintrag bei den "Forderungen an Kunden", dass ein Kunde Schulden bei der Bank hat. Aus den Zeiten der Goldwährungen hat es sich einbürgert, dass die Verbindlichkeiten der Bank gegenüber Kunden als "Einlagen" bezeichnet werden. Goldmünzen wurden bei der Bank abgegeben und der Kunde erhielt in seinem Kontenblatt einen Eintrag über die abgelieferte Geldmenge. In unserem Kreditgeldsystem ist dieser Begriff "Einlage" jedoch irreführend. Es werden nur Schulden und Guthaben (oder Forderungen und Verbindlichkeiten), in die "Kontenbüchern" eingetragen. Bei den Sichtguthaben über "Forderungen an die Bank" zu sprechen kommt dem tatsächlichen Sachverhalt bedeutend näher als die Verwendung der Bezeichnung "Buchgeld" oder "Giralgeld".
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In seinem Buch "Einführung in die Wirtschaftstheorie"<ref>
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{{Literatur
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| Autor=Erich Schneider
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| Titel=Einführung in die Wirtschaftstheorie
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| Auflage=11
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| Verlag=J.C.B.Mohr
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| Ort=Tübingen
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| Jahr=1952
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| ISBN=
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}}, Seite 2</ref> stellte Erich Schneider schon 1952 einleitend fest:
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{{Kasten blass|''"Wir beschränken uns dabei bewußt auf die Analyse einer Wirtschaft, wie sie heute ist, d. h. auf eine Wirtschaft, in der allein Forderungen als Zahlungsmittel verwendet werden."'' 
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Doch bleiben wir beim Begriff "Buchgeld", da sich dieser so etabliert hat, auch wenn er heute manchmal mehr Verwirrung stiftet denn Zusammenhänge erhellt.  <br />Ein Kunde kommt zur Bank und bittet um einen Kredit. Die Bank erläutert ihm, dass zur Zeit nicht genügend Einlagen vorhanden seien um einen Kredit zu gewähren. Klingt zwar logisch und einleuchtend entspricht jedoch nicht dem wahren Sachverhalt. Bedingt durch ihre Möglichkeit selbst Zahlungsmittel zu schaffen, indem sie Forderungen gegen sich selbst erzeugt, kann die Idealbank theoretisch beliebig viel Buchgeld erzeugen. Sie kann auch nicht zahlungsunfähig werden, da sie ihre Zahlungsmittel selbst erschafft. Es muss also kein Geld vorhanden sein, bevor die Idealbank einen Kredit gewährt und damit dem Kunden Zahlungsmittel, in Form einer Schuld der Bank, zur Verfügung stellt.
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====Umwandlung von Spar- und Termineinlagen in Sichteinlagen====
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Zahlungsmittel in der Wirtschaft [[Datei:M1-M3.png|rechts]]bestehen aus Münzen und Banknoten sowie aus den Sichtguthaben bei den Kreditinstituten und werden umgangssprachlich als "Geld" bezeichnet. Diese Zahlungsmittel sind auch in der Definition über Geldmengenaggregate der EZB (Europäische Zentralbank) in der Geldmenge "M1" so aufgeführt. Der leicht missverstandene Begriff ''"Sichteinlagen"'', der vortäuscht dass hier etwas "eingelegt" wurde obwohl nur Schulden der Bank notiert sind, ist noch aufgeführt. Mit den Zahlungsmitteln der Geldmenge M1 können Waren gekauft und bezahlt werden. Die in M1 nicht enthaltenen Spar- und Termineinlagen sind hingegen keine Zahlungsmittel, da deren Zahlungsmittelfunktion für die Zeit der Festlegung aufgehoben wurde. Der Besitzer der Spar- und Termineinlagen verzichtet für die Zeit der Festlegung auf die Nutzung seines "Geldes" als Zahlungsmittel.
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Die Geldmengenaggregate sind nun so definiert, dass z. B. die Geldmenge M1 eine Teilmenge der Geldmenge M2 und diese wiederum Teilmenge der Geldmenge M3 ist. Um ein Bild von den tatsächlichen  Größenordnungen zu geben die Daten vom Euro-Währungsgebiet von 2012 ganz grob gerundet.
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* M1 =  5 Billionen €
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* M2 =  9 Billionen €
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* M3 = 10 Billionen €
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Die Geldmenge M3 besteht somit aus 5 Billionen € Zahlungsmitteln (Bargeld + Sichteinlagen) und 5 Billionen € Spar- und Termineinlagen (Spar- und Termineinlagen sowie "weitere kurzfristige Geldeinlagen). 
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Was geschieht, wenn ein Kunde 1.000 € als "Termineinlage" festlegt?  Dieses "Geld" steht dem Kunden während der Festlegungsdauer nicht als Zahlungsmittel zur Verfügung. Damit hat sich die Geldmenge M1 um 1.000 € gemindert, die Geldmenge M3 ist jedoch gleich geblieben. Lediglich die Summe M3 - M1 hat sich erhöht. Es hat eine Umwandlung von Zahlungsmittel in Spar- und Termingeld stattgefunden und damit eine "Zahlungsmittelvernichtung". Nach Ablauf der Terminfrist wandelt sich dieses festgelegte Geld wieder automatisch in Zahlungsmittel, sprich Buchgeld oder Giralgeld um. Es findet eine Zahlungsmittelschöpfung statt. Da Zahlungsmittel allgemein als "Geld" bezeichnet werden, findet eine "Geldschöpfung" statt.
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==Buchgeldvernichtung==
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Genau so wichtig wie die [[Datei:Bilanz17.png|rechts]]Untersuchung der Buchgeldschöpfung  ist ein Blick auf die Buchgeldvernichtung. Nachdem Benno mit dem aufgenommen Kredit Waren gekauft und diese nun zum Teil wieder mit Gewinn verkauft hat, steht sein Girokonto wieder auf 15.000 €. Die durch den An- und Verkauf seiner Waren entstandenen Einzelbuchungen sind hier nicht aufgeführt. Er zahlt von seinem Girokonto (Verbindlichkeiten gegü. Kunden, Benno) jetzt 10.000 € auf sein Kreditkonto (Forderungen an Kunden, Benno) ein. In der nebenstehenden Abbildung ist dieser Vorgang gezeigt. Damit vermindert sich sein Giroguthaben wie auch sein Kreditkonto. Für beide Konten ist es ein Abgang. Der Buchungssatz lautet deshalb "Verbindlichkeit ggü. Kunden Benno an Forderungen an Kunden Benno, 10.000 €". Um das Ergebnis dieser Rückzahlung zu verdeutlichen, werden die Konten von Benno abgeschlossen. Als Schlussbestand (SB) wird bei beiden Konten ein Betrag von 5.000 € ermittelt. Mit diesem Vorgang wurden 10.000 € Buchgeld vernichtet. Einleuchtender wird es, wenn man das Buchgeld als Verbindlichkeit der Bank gegenüber Benno betrachtet. Mit der Umbuchung wird sowohl die Forderung von Benno gegenüber der Bank wie auch die Forderung der Bank gegenüber Benno um jeweils 10.000 € verringert. Die Konten notieren somit nur Guthaben und Schulden oder Verbindlichkeiten und Forderungen. Wenn Schulden zurückgezahlt werden, verringert sich logischerweise auch das Guthaben des Gläubigers. Es findet eine Bilanzverkürzung statt, da Passiva und Aktiva verringert werden. Der Begriff "Geldvernichtung" beschreibt diesen Vorgang nur unzutreffend und deutet eher ein "Verbrennen von Banknoten" denn eine "Minderung von Schulden" an.
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Ähnliches geschieht beim Verkauf von Aktiva durch die Bank. Verkauft die Bank ihre Rechneranlage, so geht eine Minderung der Bilanzposition "Sachanlagen" einher mit einer entsprechenden Reduzierung des Sichtguthabens des Käufers. Auch hier findet eine Bilanzverkürzung statt.
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Wie im Abschnitt "Umwandlung von Spar- und Termineinlagen in Sichteinlagen" bereits beschrieben, tritt bei einer Umwandlung von Sichteinlagen in  Spar- oder Termingeld ebenfalls eine "Buchgeldvernichtung" statt, obwohl hier "nur" Festlegungsfristen mit dem Konteninhalt verbunden werden. Das dabei Buchgeld vernichtet wird, ist nicht auf Anhieb verständlich. Nur weil auf die Verwendung von Buchgeld, in der Bilanz "Sichteinlage" genannt, für eine bestimmte Zeit verzichtet wird, ist es kein Zahlungsmittel, kein Giralgeld mehr. Es zählt dann nur noch zu den Spar- und Termineinlagen.
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==Geldschöpfungskapazität der Idealbank==
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Aus den vorgenannten Beschreibungen der Geldschöpfung wird erkennbar, dass die Idealbank in ihrer Fähigkeit Buchgeld zu schöpfen theoretisch nicht beschränkt ist. Banktechnisch gesehen existiert keine Grenze. Praktisch müssen jedoch entsprechend viele Wirtschaftsteilnehmer bereit sein sich zu verschulden oder aber geneigt sein, der Bank Aktiva in Form von z. B. Waren, Wertpapieren, Immobilien oder Ähnlichem zu verkaufen.
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==Einzelnachweise==
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<references >
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Aktuelle Version vom 3. Juli 2016, 22:06 Uhr