Das Geldrätsel: Gleichschritt

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Geldschöpfungskapazität bei zwei Banken?

Konnte bei der Idealbank diese Frage noch eindeutig beantwortet werden mit "unendlich", falls die Kunden mitspielen, ist es bei zwei Banken in einem Land schon bedeutend schwieriger. Die Volksbank wie auch die Sparkasse können zwar eigene Buchgeld-€ in beliebiger Höhe schöpfen, nicht aber Buchgeld-€ der jeweils anderen Bank. Sicher werden sich die Banken gegenseitig unbesicherte Kreditlinien einräumen, damit nicht jede Überweisung die Aufnahme eines neuen Kredites bei der anderen Bank mit sich bringt. Bis zu dieser Kreditlinie kann also z. B. die Volksbank Überweisungen an Kunden der Sparkasse tätigen und umgekehrt. Gehen Überweisungen immer nur von der Volksbank in Richtung Sparkasse, wird der Kredit der Volksbank bei der Sparkasse stetig höher und die vereinbarte Kreditlinie wird erreicht. Die Sparkasse wird weitere Überweisungen der Volksbank ablehnen. Die Volksbank ist dann zahlungsunfähig. Eine bemerkenswerte Situation, dass eine Bank zahlungsunfähig werden kann, obwohl kein Bargeld im System vorhanden ist. Ungeachtet dessen, dass jede Bank beliebig viele eigene Zahlungsmittel herstellen kann, hat sie keinen "Kredit" bei der anderen Bank mehr und wird deshalb zahlungsunfähig.

Die Volksbank kann dieses Problem entschärfen, indem sie für eine Erweiterung ihres Kreditspielraumes der Sparkasse Sicherheiten bietet. Diese Sicherheit kann z. B. in einer Bankschuldverschreibung der Volksbank bestehen. Diese verkauft sie an die Sparkasse. Die Sparkasse zahlt mit Sparkassen €, dass heißt sie erhöht das Kontoguthaben der Volksbank.[1] Gehen weiterhin Überweisungen immer nur von der Volksbank in Richtung Sparkasse, so sammeln sich bei der Sparkasse die Schuldverschreibungen der Volksbank und diese wird dann irgendwann der Sparkasse gehören.

Jetzt werden aber Überweisungen nicht nur in eine Richtung laufen. Kunden der Sparkasse werden auch Überweisungen an Kunden der Volksbank vornehmen. Werden von Kunden der Volksbank an einem Tag Überweisungen in Höhe von 50.000 € an Kunden der Sparkasse getätigt und erhält die Volksbank im Gegenzug Überweisungen von Kunden der Sparkasse in Höhe von 46.000 €, so besteht seitens der Volksbank lediglich ein Kreditbedarf von 4.000 € bei der Sparkasse. Verbindlichkeiten und Forderungen werden gegenseitig aufgerechnet und nur der Saldo in Höhe von 4.000 € muss ausgeglichen werden. Dieser Saldo kann am nächsten Tag schon wieder in die andere Richtung zeigen, d. h. die Sparkasse muss sich bei der Volksbank verschulden.

Steigern die beiden Banken in etwa gleichem Maße ihre Kreditvergaben und damit ihre Giralgeldschöpfung, sind keine negativen Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit der Banken zu erwarten. Die Zahlungsströme werden sich größtenteils ausgleichen. Das gleichmäßige Vorgehen bei der Kreditvergabe wird in der Fachsprache als "Gleichschritt" bezeichnet.

Kreditschöpfung

Die Kreditschöpfung einer Bank zu Gunsten einer Nichtbank hat auch grundsätzlich eine Buchgeldschöpfung zur Folge. Hierzu ein Beispiel.

Im Modell mit der Volksbank und der Sparkasse gehen wir von davon aus, dass sie jeweils 10 Millionen Kunden besitzen. Beide Banken erhöhen ihre Kredite an den Nichtbankensektor um jeweils 100 Mrd. €. Bei etwa gleich strukturiertem Kundenstamm werden für Zahlungen etwa 50 Mrd. € nur im eigenen Haus überwiesen, benötigen also keinerlei Vereinbarungen mit der anderen Bank. Die restlichen 50 Mrd. € werden an Kunden der anderen Bank überwiesen. Wie zuvor beschrieben werden jedoch auch gegenläufige Zahlungen mit Überweisungen in umgekehrter Richtung erfolgen. Es muss also nur der jeweilige Tagessaldo ausgeglichen werden. Mit Einräumung gegenseitiger Kreditlinien in Höhe von 10 % der gesamten Kreditsumme = 10 Mrd. € wären beide Banken auf der sicheren Seite, dass heißt es wären keine Zahlungsschwierigkeiten zu erwarten. Wird trotzdem diese Kreditsumme von einer Bank fast erreicht, leuchtet die gelbe Warnlampe auf. Über Bankschuldverschreibungen kann dann das Kreditpolster wieder aufgefüllt werden.

Mit der Kreditvergabe von 2 x 100 Mrd. € an den Nichtbankensektor sind die Bilanzsummen beider Banken entsprechend erhöht worden. Auch die Buchgeldmenge wurde um 200 Mrd. € erhöht, es ist also zusätzliches "Geld" geschöpft worden. Es existieren jedoch nicht nur die 200 Mrd. € Buchgeld sondern auch "Forderungen der Banken an Nichtbanken" in dieser Höhe. Im Land mit den zwei Banken ist bei der Geldschöpfung von 200 Mrd. € in Summe also 0 € an "Nettogeldvermögen" entstanden. Unter Nettogeldvermögen wird dabei die Summe der Buchgeldschöpfungen abzüglich der dabei entstandenen Schulden der Kunden der beiden Banken verstanden.

Kauf von Sachvermögen

Geldschöpfung kann auch durch die Anschaffung von Sachvermögen (Aktiva) entstehen. Die Volksbank und die Sparkasse lassen sich Bankgebäude im Wert von jeweils 10 Millionen € bauen und bezahlen mit selbst geschaffenem Buchgeld. Die Volksbank also mit "Volksbank €" und die Sparkasse mit "Sparkassen €". Da beide Banken dies im "Gleichschritt" tun, wird eine Verschuldung in größerem Maße bei der anderen Bank nicht erforderlich. Die Banken erhalten somit offensichtlich ihre Bankpaläste im Zweibankenland geschenkt. Auf den jeweiligen Girokonten der Kunden sind zwar diese 20 Mill. € als "Schulden der Bank" dokumentiert, eine tatsächliche Inanspruchnahme dieser Kundenguthaben ist jedoch nicht zu erwarten. Für interne Zahlungen reichen ja ihre selbst geschöpften Volksbank € bzw. Sparkassen €.


Wie im nächsten Abschnitt "Mehrbankensystem" erläutert, kann die "wundersame Geldschöpfung" durch Kreditvergabe und den Kauf von Aktiva jedoch nicht so ohne weiteres auf das existierende Mehrbankensystem übertragen werden.



Einzelnachweise

  1. Bewusst wird an dieser Stelle vereinfacht und nur eine der möglichen Refinanzierungen angesprochen, um das Wesentliche der Zweibankenbeziehung im Auge zu behalten.