Das Geldrätsel: Zentralbanksystem

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Welche Rolle spielt die Zentralbank im Bankensystem? Folgt man den vorhergehenden Kapiteln funktioniert das Bankensystem auch ohne Zentralbank. Demgegenüber wurde im Kapitel "Teilnehmer am Geldsystem" der Stufenaufbau "Zentralbank - Geschäftsbanken - Nichtbanken" in den Vordergrund gestellt. Je nach Untersuchungsgegenstand scheint es deshalb zweckmäßig, die horizontale oder aber die vertikale Struktur ins Blickfeld zu rücken.

Vertikale Anordnung

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Eine Hierarchiestruktur mit übergeordneter Stellung der Zentralbank ist durch deren besondere Aufgaben und Funktionen gegeben.

Die Zentralbank

  • darf einzig und alleine Banknoten herstellen,
  • kauft Münzen von der Regierung,
  • bringt mit dem Bargeld das einzige gesetzliche Zahlungsmittel über die Geschäftsbanken in Umlauf,
  • kann Mindestreserven von den Geschäftsbanken verlangen,
  • bildet zusammen mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Aufsichtsbehörde für den Bankenbetrieb,
  • ist zuständig für die Geldwertstabilität (dazu notwendige Maßnahmen werden unter dem Begriff Geldpolitik zusammengefasst),
  • steht nicht im Wettbewerb zu den Geschäftsbanken,
  • tritt als "Lender of last resort" -Kreditgeber letzter Instanz- für Banken in finanziellen Notsituationen auf[1].

Beginnend mit der Gründung der privaten Bank of England (BoE), der Musterbank für alle späteren Zentralbanken, lässt sich die Aneignung der vorgenannten Rechte und Funktionen durch die Zentralbanken geschichtlich gut nachvollziehen[2].

Horizontale Anordnung

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Eine eher horizontale Einordnung der Zentralbank ist auf den Gebieten des Zahlungsverkehrs und der Geldschöpfung zu erkennen. Die Zentralbank wird in der Abbildung entsprechend auf der gleichen Ebene wie andere Geschäftsbanken angeordnet. Die Nichtbanken bleiben hingegen in der Hierarchie unterhalb des Bankensektors eingestuft. Die Gleichstellung von Zentralbank und Geschäftsbanken geschieht auch so in der Bankbilanzposition "Verbindlichkeiten gegenüber Banken". Hier werden Kredite der Zentralbank mit den Krediten anderer Banken aufsummiert, ohne dass die Zentralbank besonders erwähnt wird. Bilanztechnisch spielt es auch keine Rolle, ob sich die Bank bei einer anderen Geschäftsbank oder aber bei einer Zentralbank verschuldet. Lediglich auf der Aktivaseite hat das "Geld" der Zentralbank eine separate Bilanzposition neben den "Forderungen an Banken" erhalten. Es ist die Position "Barreserve", welche jedoch nur die täglich fälligen Forderungen an die Zentralbank enthält.

Um zu entscheiden, welche Version für eine bestimmte Untersuchung oder Argumentation zweckmäßig ist, werden nachfolgend beide Standpunkte und deren Hintergründe erläutert.

Bargeld

Im Bereich der Euro-Länder zirkuliert im Januar 2016 Bargeld in Höhe von 1,05 Billionen €. Das Bargeld, als einziges gesetzliche Zahlungsmittel, wird ausschließlich von den Zentralbanken ausgegeben und über die Geschäftsbanken in Umlauf gebracht. Die Geschäftsbanken selbst können kein Bargeld herstellen. Sie müssen dieses bei der Zentralbank erwerben. Hierzu wird ein Kredit bei der Zentralbank aufgenommen oder aber der Zentralbank ein Vermögenswert verkauft. Nachfolgend wird aus Vereinfachungsgründen nur von einem Kredit gesprochen, wobei auch die Möglichkeit des Verkaufs von Vermögenswerten immer mitgedacht werden sollte.

Giralgeld

Das Buchgeld der Geschäftsbanken, allgemein als Giralgeld bekannt, wird hingegen von den Geschäftsbanken "hergestellt" und in Umlauf gebracht. "In Umlauf bringen" bedeutet, es den Nichtbanken zur Verfügung zu stellen. Die Geschäftsbanken unterliegen jedoch einigen Beschränkungen bei der Erzeugung von Giralgeld, wie im Kapitel Liquidität dargestellt. Mit dem Giralgeld können jedoch auch wie mit Bargeld Zahlungen vorgenommen werden Wird die Gleichstellung von Bargeld und Giralgeld abgelehnt, da ja nur Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel ist, lässt sich daraus eine Einstufung des Giralgeldes unter das Bargeld begründen.

"Giralgeld ist ein Anspruch auf Bargeld"

Eine Modellvorstellung, die durchaus nachvollziehbar erscheint und in Einklang mit den zuvor genannten Gesetzen steht. Die Vorstellung jedoch, dass Giralgeld nur durch Einzahlung von Bargeld bei einer Geschäftsbank entsteht, wird entkräftet durch:

  • a) Den Vergleich der vorhandenen Geldmengen und
  • b) durch die tatsächliche Inumlaufbringung von Bargeld.

Bei den Nichtbanken existiert die kaufkraftfähige Geldmenge M1. Diese betrug im Januar 2016 in der Eurozone 6,6 Billionen €. Dieser Betrag teilte sich auf in 1,05 Billionen Bargeld und 5,55 Billionen Geschäftsbanken-Buchgeld. Nun steht diesen 5,55 Billionen € Geschäftsbanken-Buchgeld aber nur Betrag von 0,65 Billionen € Zentralbankgeld, bestehend aus Bargeld bei den Geschäftsbanken und Zentralbank-Buchgeld, im Bankensektor gegenüber. Giralgeld entsteht durch die Einzahlung von Bargeld bei einer Bank. In der Wirtschaft existiert demnach nur das Bargeld bei den Nichtbanken sowie deren Bankguthaben auf den Girokonten bei Geschäftsbanken. Entsprechend ist auch die Geldmenge M1 definiert. Daraus folgend müsste im Bankensystem eine Bargeldmenge X existieren, welche dem Giralgeld auf den Girokonten der Nichtbanken gegenübersteht. Konkret in Zahlen ausgedrückt bestand im Januar 2016 in der Eurozone eine Geldmenge M1 in Höhe von 6.6 Billionen €. Hiervon betrug der Bargeldanteil 1,05 Billionen €. 5,55 Billionen € existierten demnach als Giralgeld auf Girokonten. 5,55 Billionen € Bargeld oder aber Bargeld + Zentralbank-Buchgeld (welches sich leicht von den Geschäftsbanken in Bargeld wechseln lässt) sucht man im Bankensystem jedoch vergeblich. Die dieser Beschreibung entsprechende Basisgeldmenge ohne "Bargeld bei den Nichtbanken" betrug Anfang 2016 lediglich 0,65 Billionen €[3]. Giralgeld muss mithin im Wesentlichen auf einem anderen Wege entstehen.

Damit existieren jedoch auch bedeutend mehr Ansprüche auf Bargeld als Bargeld im Bankensystem vorhanden ist. Dies führt dann zu dem etwas seltsam erscheinenden Anliegen, man müsse sich bei einer Giralgeldüberweisung immer das "gesetzliche Zahlungsmittel" im Hintergrund als abstrakt existierend vorstellen. Diese Problematik verdeutlicht auch die Banknotenausgabe bei der Gründung der Bank von England. Die Bank besaß 300.000 Pfund an Gold- oder Silbermünzen, gab aber Banknoten im Wert von 1,2 Millionen Pfund aus. Jede Banknote enthielt das Versprechen, bei Vorlage am Bankschalter in Gold- oder Silbermünzen umgetauscht zu werden. In beiden Fällen wurden Versprechen abgegeben, welche nicht einlösbar waren, weder theoretisch noch praktisch.

Die vertikale Einordnung von Geschäftsbanken unter Zentralbanken führt beim Zahlungsverkehr und der Geldschöpfung zu einer schleierhaft verbleibenden Modellvorstellung vom Geldsystem. Eine klare, logisch nachvollziehbare, Linie fehlt. Aus einer Gesetzespassage über "gesetzliche Zahlungsmittel" wurde ein Modell des Geldsystems konstruiert, dessen Logik im Nebel endet. Als wesentlicher Mangel ist der fehlende Bezug zur Realität zu nennen. Es wird auf der Grundlage eines Bankensystems mit hohem Bargeldbestand argumentiert, obwohl dieses so nicht vorhanden ist. Einzige Quelle für dieses Konstrukt ist eine Gesetzespassage. Es ist jedoch anzumerken, dass es ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers ist, mit Einzelgesetzen zum Geldsystem auch gleich eine Beschreibung unseres Geldsystems mitzuliefern. So ist der Gesetzgeber ja auch z. B. nicht angetreten die Ehe zu erklären, als er Gesetze zum ehelichen Zusammenleben verfasste.

Zahlungsgemeinschaften

Einen anderen Weg beschreitet das Modell der Zahlungsgemeinschaften. Im Kapitel Zweibankensystem wurde beschrieben, das jede Bank bei der Erzeugung von Buchgeld nur ihr eigenes Zahlungsmittel produziert, im gezeigten Beispiel Volksbank-€ und Sparkassen-€. Ohne besondere Abkommen zwischen den Banken gelten Volksbank-€ nur innerhalb der Kundschaft der Volksbank und Sparkassen-€ nur innerhalb der Sparkassenkundschaft. Diese € können den Bereich der Erzeugerbank nicht verlassen. Die gleiche Problematik bestand im London des 18. Jahrhunderts bei Scheckzahlungen, wie im Abschnitt Zahlungen bei mehreren beteiligten Banken gezeigt. Fremde Schecks wurden von einer Bank zwar zur Gutschrift angenommen, aber erst nach Zahlung durch die scheckausgebende Bank dem Einreicher gutgeschrieben. Ersetzt man den Scheck durch eine Überweisung, erhält man die Situation der bargeldlosen Zahlung mit Giralgeld. Überweisungen innerhalb der Kundschaft einer Bank stellen kein Problem dar. Schwieriger wird die Situation, wenn an eine andere Bank überwiesen werden soll. Dazu muss dann bei der anderen Bank ein Kredit aufgenommen oder sonstige Werte veräußert werden, wie im letzten Kapitel beschrieben.

Eine besondere Zahlungsgemeinschaft geht von der Zentralbank aus. Sie besitzt zwei Kundenkreise, einmal alle Bargeldbesitzer und zum anderen alle Banken, die ein Konto bei der Zentralbank unterhalten. Dem Bargeld wird vom Gesetz der Status des "gesetzliches Zahlungsmittel" zuerkannt. Durch die Verpflichtung, Geschäftsbanken-Buchgeld auf Wunsch des Girokonteninhabers jederzeit in Bargeld zu wechseln, unterliegen die Geschäftsbanken dem Zwang, sich bei der Zentralbank zur Beschaffung von Bargeld zu verschulden. Ein weiterer Zwang entsteht durch die Mindestreserve, welche zu einer "Vergrößerung der strukturellen Liquiditätsknappheit" führt, die nachfolgend noch behandelt wird.

Das Zentralbank-Buchgeld ist ein Zahlungsmittel, welches nur den Geschäftsbanken zur Verfügung steht. Es genießt höchstes Vertrauen bei diesen, da es u. a. von allen Geschäftsbanken anerkannt ist. Wie in den Kapiteln Bilanzen der Geschäftspartner und Zahlungsverkehrsnetze und -systeme gezeigt, können Überweisungen sowohl ohne wie auch mit Hilfe der Zentralbank erfolgen. Die Deutsche Bundesbank ist somit nur ein Zahlungsdienstleister neben anderen, wenn auch mit einigen Besonderheiten.

Strukturelle Liquiditätsknappheit

Die Zentralbank nennt die aus der Auflage "Mindestreserve" entstehende Funktion "Vergrößerung der strukturellen Liquiditätsknappheit". Hinter diesem dubiosen Begriff verbirgt sich der gesetzliche Zwang auf die Geschäftsbanken, Zentralbank-Zahlungsmittel (= Forderungen an die Zentralbank) zu erwerben. Für die Erfüllung der Mindestreserve muss sich die Geschäftsbank Zentralbank-Buchgeld auf dem Kreditwege bei der Zentralbank beschaffen, sie muss sich bei der Zentralbank verschulden.

Die Bargeldversorgung der Nichtbanken ist ein weiterer Zwangspunkt für Geschäftsbanken, sich bei der Zentralbank zu verschulden. Bis auf einen kleinen Anteil, den Kassenbestand, wird das Bargeld von den Geschäftsbanken an Nichtbanken weitergegeben. Diese Weitergabe geht mit einer Minderung der „Verbindlichkeit gegenüber Nichtbanken“ einher. Die Benutzung von Bargeld durch Nichtbanken bewirkt insgesamt gesehen einen Passivtausch bei der Geschäftsbank. Verbindlichkeiten gegenüber der Nichtbank werden abgebaut und stattdessen steigen die Verbindlichkeiten gegenüber der Zentralbank. Mit Bargeld wird ebenso wie bei der Mindestreserve eine Abhängigkeit der Geschäftsbanken von der Zentralbank bewirkt.

Das Banknotenmonopol der Zentralbank führt wie auch die Mindestreserveforderung zu einer Zwangsnachfrage der Geschäftsbanken nach Zentralbankgeld.

Eine weitere Abhängigkeit entsteht, wenn für den Zahlungsausgleich zwischen Geschäftsbanken aus praktischen Gründen Zentralbank-Buchgeld verwendet wird. Auch dieses muss sich die Geschäftsbank bei der Zentralbank, zumeist auf dem Kreditwege, besorgen.

Deckung Giralgeld

Wie aber erklärt das horizontale Modell das Missverhältnis zwischen Giralgeld und tatsächlich vorhandenem Zentralbankgeld im Geschäftsbankenbereich?
Der Nebel um dieses Rätsel lässt sich lichten, wenn die tatsächlichen Vorgänge im Bankensystem mit einbezogen werden. Dazu eine kurze Schilderung, wie Bargeld tatsächlich zu dem Bankkunden gelangt. Es ist nicht einfach so bei dem Bankkunden vorhanden. Nur die Zentralbank darf Bargeld in Umlauf bringen. Benötigt der Kunde z. B. 50.000 € Bargeld, muss er in einem ersten Schritt einen Kredit in dieser Höhe bei seiner Bank aufnehmen. Die Bank erteilt den Kredit und schreibt ihm 50.000 € auf seinem Girokonto gut. Er möchte jetzt aber dieses Guthaben bar ausgezahlt haben. Dazu muss die Bank sich die 50.000 € Bargeld bei der Zentralbank besorgen. Hierzu muss sie bei der Zentralbank einen Kredit über diesen Betrag aufnehmen und sich diesen anschließend bar auszahlen lassen. Das erhaltene Bargeld kann sie dann an den Bankkunden aushändigen und gleichzeitig das Bankguthaben des Kunden um die 50.000 € verringern. Wichtig zu erkennen ist, dass Giralgeld primär nicht durch eine Bargeldeinzahlung entsteht sondern durch einen Kreditvorgang geschaffen wird. Diesem Vorgang folgend wurde das Bargeld ursprünglich als Giralgeld geschaffen und sodann vom Bankensystem in Bargeld gewechselt. Eine zumindest gewöhnungsbedürftige Vorstellung und doch entspricht sie der Realität im Geldsystem. Würden sämtliche Bankkunden ihr Bargeld auf Girokonten einzahlen, wäre sozusagen der „Ursprungszustand“ wieder hergestellt. Die kaufkraftfähige Geldmenge würde dann nur aus Giralgeld bestehen und nicht mehr aus "gesetzlichem Zahlungsmittel".

Legen wir diesen Ursprungszustand zugrunde und nehmen weiter an, dass die Banken sämtliches Bargeld an die Zentralbank zurückgegeben haben, zeigt sich auch eindeutig die tatsächliche Deckung des Giralgeldes. Sie besteht, banktechnisch gesehen, ausschließlich aus den Forderungen an die Kreditkunden und sonstigen Aktivaposten der Banken. Grundlegend für diese Überlegung ist dabei die Bankbilanz und die zugehörige Bankbuchführung. Sämtlichen Forderungen an die Bank stehen in der Bankbilanz auch entsprechende Vermögenswerte gegenüber.

Durch das fehlende Bargeld bricht jetzt nicht das Bankensystem zusammen sondern bleibt durch den Ausgleich von Forderungen und Verbindlichkeiten in der Bankbilanz stabil. Möchte der Bankkunde jetzt aber Bargeld ausgezahlt bekommen, so findet bei der Bank insgesamt gesehen ein Passivtausch statt. Die weiter oben beschriebenen Schritte bei der Bargeldbeschaffung der Bank enden mit einer Erhöhung der Verschuldung gegenüber anderen Banken - hier der Zentralbank - und führen zu einer Verringerung der Verschuldung der Bank gegenüber dem Bankkunden.

Dieses banktechnische Modell beschreibt die Vorgänge im Bankensystem in schlüssiger Weise und hinterlässt keine im Nebel endenden Zusammenhänge. Vom Staat gesetzte Zwangspunkte, wie die Verpflichtung Giralgeld jederzeit in Bargeld zu wechseln, ändern ebenfalls nicht die Grundlagen des zuvor beschriebenen Bankensystems.

Geldpolitik

Eine Hauptaufgabe der Zentralbank besteht im Erhalt der Preisstabilität. Sämtliche dazu notwendigen Maßnahmen werden unter dem Begriff "Geldpolitik" zusammengefasst. Der Bedarf der Geschäftsbanken an Zentralbankgeld, im Wesentlichen durch Mindestreserveforderungen, Bargeldbedarf und bargeldlosen Zahlungsmittelbedarf begründet, verursacht eine Abhängigkeit der Geschäftsbanken von der Zentralbank. Diese versucht über die Veränderung von Zinssätzen Einfluss auf die Preisstabilität und das Wirtschaftsgeschehen zu nehmen. Ein wichtiges Ziel ist dabei die Einschränkung auf ein Inflationsziel von maximal 2 %. Jedoch auch die merkliche Unterschreitung dieses Zieles soll verhindert werden, da dies ansonsten zu deflationären Erscheinungen führen würde. Zur Zeit, Mitte 2016, ist die tatsächliche Einflussnahme der Zentralbank kaum noch zu erkennen. Dies zeigt sich an den hilflos erscheinenden Versuchen mit einem Hauptrefinanzierungssatz von 0,000 %, einem Strafzins in Höhe von -0,4 % auf Übernachteinlagen sowie dem Ankauf nicht nur von Staatsanleihen sondern mittlerweile auch von Firmenanleihen, das Inflationsziel zu erreichen. Das Werkzeug der Zinssteuerung hat bei diesen Zinssätzen seine Wirkung total verloren, und die Zentralbank versucht nun über Aufkaufprogramme zusätzliches Zentralbankgeld in Umlauf zu bringen.

Zu den Aufgaben der Geldpolitik zählen auch Notmaßnahmen wie z. B. die Verhinderung von Bank Runs[4], da diese die gesamte Wirtschaft nachhaltig schädigen würden. Auch die finanzielle Unterstützung von systemrelevanten, aber bereits der Insolvenz nahen Banken, gehört zu diesen Notmaßnahmen.

Grenzbetrachtungen

Was würde geschehen, wenn die Abhängigkeit der Geschäftsbanken von der Zentralbank extrem vergrößert oder vermindert würde? Hierzu einige naheliegende Vermutungen.

Die Heraufsetzung der Mindestreserve auf 100 % würde die weitere Geldschöpfungstätigkeit der Geschäftsbanken verhindern. Zu jeder Einheit Giralgeld würde zwingend auch eine Einheit Zentralbankgeld gehören. Diese Idee liegt der Theorie des "100 % Geldes"[5] zugrunde. Die Abhängigkeit der Geschäftsbanken von der Zentralbank hätte den höchsten Stand erreicht. Ähnlich funktioniert die Vollgeldtheorie, welche nur noch Zentralbankgeld, das "Vollgeld"[6], zirkulieren lässt.

Würde andererseits die Mindestreserve auf "0" gesetzt und das Bargeld abgeschafft, wäre die Zwangsbindung an die Zentralbank bezüglich der Zahlungsmittel aufgehoben. Aus praktischen Gründen würde zwar immer noch Zentralbankgeld für Überweisungen benutzt, dies wäre aber nicht zwingend erforderlich. Es ist jedoch zu vermuten, dass mit schwindendem Einfluss auf die Geldschöpfungstätigkeit der Geschäftsbanken die Funktion des "Lenders of last resort" auch erheblich eingeschränkt würde und die Zentralbank in Notfällen nur noch wenig helfen könnte. Auch die Steuerungsmöglichkeit der Zentralbank über die Geldmenge wäre kaum noch vorhanden. Auch dieses Szenario hat bereits ihren Niederschlag in einer Theorie gefunden, die auch noch gleichzeitig die gemeinsame Währung mit abschafft, die Theorie des "freien Geldes"[7].

Fazit

Während das vertikale Modell auf einer Gesetzespassage basiert, orientiert sich das horizontale Modell an den tatsächlichen Vorgängen in der Bankenwelt. Das zentrale Thema im vertikalen Modell, das "gesetzliche Zahlungsmittel", spielt im täglichen Bankbetrieb nur eine untergeordnete Rolle. Diese Rolle beschränkt sich auf den gesetzlichen Zwang, Zahlungsmittel der Zentralbank, bestehend aus Bargeld und Zentralbank-Buchgeld, vorzuhalten, bzw. in der Lage zu sein, dieses kurzfristig zu beschaffen. Der Forderungsausgleich zwischen Zahlungsgemeinschaften ist nicht zwingend auf Zentralbankgeld angewiesen, das heißt, Überweisungen von Bank zu Bank können auch ohne Einschaltung einer Zentralbank erfolgen. Bezieht man die Praxis der gegenseitigen Verrechnungen gedanklich mit ein, stellt sich der Einfluss der Zentralbank auf den Zahlungsverkehr nochmals als erheblich geringer heraus. Auch der Einfluss auf die Kredittätigkeit der Geschäftsbanken durch die Zentralbank ist zumindest in 2016 eher als gering einzustufen.

Gegenläufig zeigen sich heute hingegen die Auswirkungen des fehlenden Vertrauens der Geschäftsbanken untereinander. Diese versuchen als Gegenmaßnahme vermehrt sicheres Zentralbankgeld als Reserve zu horten.

Abschließend kann man erkennen, dass mit der horizontaler Betrachtung des Bankensektors in Bezug auf Zahlungsmittel und den Zahlungsverkehr, sich der tatsächliche Einfluss der Zentralbank klarer und differenzierter darstellen lässt.


Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Lender of last resort Wikipedia, Abruf 03.06.2016
  2. Bei der Einschränkung der Banknotenherstellung durch private Geschäftsbanken erreichte die BoE zum Beispiel bereits 1709 einen beachtlichen Erfolg durch die staatliche Zusicherung eines Teilmonopols A brief history of banknotes Bank of England, Abruf 02.05.2016. In London war Banken oder Gesellschaften mit mehr als 6 Mitgliedern fortan die Herstellung von Banknoten verboten. Der ebenfalls privaten deutschen Reichsbank gelang dies erst mühsam nach 1871.
  3. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2016, Statistikteil Seite 14, Basisgeld für Januar 2016, 1,7 Billionen € abzüglich Bargeld, Seite 11, 1,05 Billionen Euro Monatsbericht 2016/04 Abruf: 27.05.2016
  4. Bank Run Wikipedia, Abruf: 12.06.2016
  5. Vollreserve-System Wikipedia, Abruf 16.06.2016
  6. Vollgeld-System Wikipedia, Abruf 16.06.2016
  7. Hayek und die Privatisierung des Geldes Ludwig von Mises Institut, Deutschland, Abruf 16.06.2016