Das Geldrätsel: Wechsel

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Der Wechsel hat seine Wichtigkeit im heutigen Bankgeschäft komplett verloren, da mit Überweisungen, Bankkarten und Kreditkarten Zahlungen viel einfacher zu handhaben sind. Die Kreditfunktion des Wechsels ist ebenfalls durch moderne Kreditarten abgelöst worden. Für das Verständnis von historischen Zusammenhängen sind jedoch Grundkenntnisse von Wechselgeschäften erforderlich.

Zahlungsanweisung

Der Wechsel ist auf das eigentliche Geldwechselgeschäft der Wechsler in den italienischen Handelsstädten (Genua, Pisa, Florenz, Amalfi) im 12. und 13. Jahrhundert zurückzuführen. Die Wechsler besorgten nicht nur den sogenannten Handwechsel, den Umtausch einer Münzsorte gegen eine andere von Hand zu Hand, sondern auch die Vermittlung von Geldsendungen.

Im 14. Jahrhundert wurde es nun üblich, dass der "Wechsler" die Urkunde selbst, das heißt ohne Mithilfe eines Notars erstellte. Auch wurde die Auszahlung an den Überbringer der Urkunde, den Präsentanten, geleistet. Die Adresse der auszahlenden Stelle war auf der Rückseite der Urkunde vermerkt. Es folgte die Möglichkeit den Wechsel als Zahlungsmittel auch noch weiterzugeben. Von den ursprünglichen Wechslern wanderte das Wechselgeschäft dann zu den Warenhändlern selbst.

Es war ein Zahlungsmittel entstanden, welches zwar nicht gesetzlich anerkannt war, jedoch in der Wirtschaft einen sehr wirkungsvollen und leicht zu handhabenden Ersatz von Münzen darstellte. Erst mit der Einführung der elektronischen Datenverarbeitung im Bankensystem und damit der Forderung nach maschienenlesbaren Belegen wurde das Ende des Wechselgeschäftes eingeläutet.

Bemerkenswert ist jedoch, dass mit der Einführung von Wechseln ein Zahlungsmittel entstand, welches nur aus Papier bestand und neben dem eingezahlten Münzbetrag einen Geldwert darstellte. Beide Geldformen existierten zur gleichen Zeit, dass heißt beim Wechsler wurden die Münzen deponiert und gleichzeitig entstand in gleicher Höhe eine Wechselurkunde, welche ebenfalls ein Zahlungsmittel darstellte.

Eine erste Form der Geldschöpfung!

Für die Zeit der Existenz des Wechsels war ein zusätzliches Zahlungsmittel entstanden. Mit der Einlösung des Wechsels wurde dieses jedoch auch wieder vernichtet. Die Summe der in Umlauf befindlichen Wechselbeträge stellte jedoch eindeutig eine Erhöhung der Geldmenge[1] dar, da hierzu keine zusätzlichen Münzen erforderlich waren. Die Wechsel besaßen Kaufkraft und wurden auch zum Kauf benutzt.

Kredit

Der Wechsel, besonders in seiner Form als Handelswechsel, spielte bereits im Mittelalter eine bedeutende Rolle bei Handelsgeschäften. Neben der Funktion als Zahlungsmittel beinhaltete er auch gleichzeitig einen kurzfristigen Kredit, meist für 3 Monate.
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Bezog ein Händler Waren von einem Hersteller, so war er oft auf einen Zahlungsaufschub angewiesen, da er erst nach dem Weiterverkauf der Waren über das notwendige Geld zur Begleichung der Herstellerrechnung verfügte. Mit der Unterschrift auf dem Wechsel verpflichtete er sich, am Tage X den auf dem Wechsel angegebenen Betrag an den Hersteller zu zahlen. Der Hersteller musste jedoch auch seinen Vorlieferanten bezahlen und konnte den Wechsel des Händlers als Zahlungsmittel an diesen weitergeben. So stellte der Wechsel ein Zahlungmittel mit eingearbeitetem Kredit dar. Der Händler musste jetzt am Fälligkeitstag den Wechselbetrag an den Vorlieferanten zahlen.

Diskontierung

Im Zusammenhang mit Wechseln taucht oft die Aussage auf, das ein Wechsel diskontiert wurde. Was versteht man unter der Diskontierung eines Wechsels?

Ein Händler hat 10 Ballen feinste Stoffe verkauft und vom Käufer, da dieser nicht sofort zahlen kann, einen Wechsel über 100 Gulden mit 3 Monaten Laufzeit unterschrieben bekommen. In 3 Monaten muss also der Käufer 100 Gulden an den Händler zahlen. Da aber dem Händler zwischenzeitlich ein lukrativer Posten Biberfelle für 95 Gulden angeboten wurde, er aber kein Bargeld zur Bezahlung besitzt, bietet er dem Verkäufer der Biberfelle den Wechsel über 100 Gulden an. Dieser vertraut dem Wechsel jedoch nicht und will Bares für seine Felle sehen. Daraufhin geht der Händler zu einem Wechsler und reicht den Wechsel zur Diskontierung ein. Der Wechsler kennt den Käufer der 10 Ballen feinster Stoffe und vertraut auf dessen Zahlung zum Ablauf der Frist. Er bietet dem Händler 97 Gulden abzüglich einer Bearbeitungsgebühr für den Wechsel über 100 Gulden an. Der Wechsler muss den Wechsel noch 3 Monate behalten ehe er ihn einlösen kann. Er rechnet also pro Monat mit 1% = 1 Gulden Zinsen. Das heißt für ihn besitzt der Wechsel zu diesem Zeitpunkt nur einen Wert von 97 Gulden[2]; der Betrag von 100 Gulden in 3 Monaten wurde auf die Gegenwart "diskontiert". Als Bearbeitungsgebühr verlangt der Wechsler 2 Gulden. Der Händler übergibt den Wechsel, nimmt 95 Gulden Bargeld vom Wechsler entgegen und kauft die Biberfelle.


Einzelnachweise

  1. Hierbei wird vernachlässigt, dass es sich um kein "allgemein" unter allen Wirtschaftsteilnehmern anerkanntes und akzeptiertes Zahlungsmittel handelte. Niemand war gezwungen, einen Wechsel zum Zahlungsausgleich anzunehmen. Unter Geschäftsleuten wie auch bei kurzfristigen Krediten von Geschäftsbanken waren Wechsel jedoch durchaus üblich.
  2. Anfangswert, mathematisch genau 97,2 nach der Zinseszinsrechnung