Das Geldrätsel: Leihbanken

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Gemäß der "Allgemeinen Encyclopädie für Kaufleute und Fabrikanten..."[1] von 1838 sind:

"Leihbanken ..... Bankanstalten, deren Zweck 's ist, Darlehen gegen Zinsen zu geben und dadurch den Geldbedürftigen vor dem Wucher einzelner Capitalisten zu schützen."

Die Leihbanken werden unterschieden in Faustpfand-Leihbanken und in Hypotheken-Leihbanken.[2]


Die Faustpfand-Leihbanken sind mit unseren heutigen Pfandhäusern vergleichbar. Um ein Darlehen zu erhalten musste vom Darlehensnehmer ein Faustpfand bei der Leihbank hinterlegt werden. Der Verkaufswert des Faustpfandes wurde geschätzt und nur ein Anteil des zu erwartenden Verkaufswertes wurde als Darlehen gewährt. Das Darlehen, für welches auch Zinsen gezahlt werden mussten, war mit einem festen Rückzahlungstermin gekoppelt. Wurde der Rückzahlungstermin vom Darlehnsnehmer nicht eingehalten, so konnte die Leihbank das Faustpfand versteigern und aus der Verkaufssumme den Darlehensbetrag einschließlich Zinsen bestreiten. Ein eventueller Überschuss stand dem Darlehensnehmer zu.

Bei den Hypotheken-Leihbanken verhielt es sich ähnlich, nur dass an Stelle eines Faustpfandes ein Grundpfand, in Form einer Grundbuchschuld als Sicherheit diente.

Kapital

Woher bekamen die Leihbanken jedoch das notwendige Geld? Leihbanken wurden entweder von der Regierung, einer Gruppe von Privatleuten oder aber einem Zusammenschluss von beiden gegründet. Diese stellten auch das erforderliche Anfangskapital zur Verfügung oder verpflichteten sich Geld bei Bedarf der Leihbank zur Verfügung zu stellen. Dies war teilweise ausreichend, da die Leihbanken auch Kapitalien andere Anleger annahmen. Die Leihbanken zahlten den Anlegern geringere Zinsen als allgemein üblich, konnten dafür aber eine höhere Sicherheit und pünktliche Zahlung der Zinsen bieten. Der Handel mit Staatspapieren galt hingegen als unsicher.[1]


Beispiel

Ein Kaufmann benötigte kurzfristig 100 Gulden Bargeld um einen für ihn sehr günstigen Handel abzuschließen. Er niahm seine mit Edelsteinen besetzte Taschenuhr und brachte diese zu einer Leihbank. Die Leihbank schätzte den Wert der Uhr und stimmte danach dem Darlehen von 100 Gulden an den Kaufmann zu.

Die Uhr wurde von der Leihbank auf einen Verkaufswert von 220 Gulden taxiert. Vom Verkaufswert wurden jedoch nur maximal 50 % als Darlehen gewährt. Der gewünschten Darlehenssumme von 100 Gulden konnte also zugestimmt werden.

Der Vertrag lief über 3 Monate und sah vor, dass ein Zinssatz von 1% pro Monat galt sowie eine Bearbeitungsgebühr von 2 Gulden zu zahlen war. Der Kaufmann musste folglich nach 3 Monaten 100 Gulden Darlehen + 3 x 1 Gulden Zinsen + 2 Gulden Bearbeitungsgebühr = 105 Gulden zurückzahlen.

Die Leihbank besaß nun zwar ein Faustpfand in Höhe von 220 Gulden, benötigt jedoch Bargeld in Form von Goldmünzen zur Auszahlung. Hierzu musste sie 100 Gulden als Einlage von einem Mitglied oder aber einem Anleger besitzen. Ohne vorhandene Einlagen (Spargelder von Anlegern oder Mitgliedern) konnte also kein Darlehen erfolgen.

Finanzierungsplan

Am Beispiel des Pfandleihers lässt sich das Modell der Kreditvermittlung gut erklären. In diesem Modell kann Geld nur verliehen werden, wenn es zuvor als Bargeld in der Kasse vorhanden ist. Hat der Pfandleiher kein "Geld" mehr und muss einem Geldgeber auch nur eine Geldeinheit zurückzahlen, ist er, zumindest vorübergehend, zahlungsunfähig.

Der Pfandleiher ist also gut beraten, diese Situation zu vermeiden. Dies kann er erreichen, indem er einen Finanzierungsplan erstellt. Ihm ist bekannt, wann seine Kunden verpflichtet sind, ihre Schulden zu tilgen. Rechnet er in diese Sollzeiten sicherheitshalber auch noch die Zeiten für eine Fristüberschreitung und die Zeit für eine Veräußerung des Pfandgegenstandes mit ein, so kann er mit seinem Finanzierungsplan relativ sicher jegliche Zahlungsunfähigkeit verhindern.

Ein
Finanztabelle01.png
solcher Finanzierungsplan könnte aus einer Tabelle mit den Ein- und Auszahlungen bestehen. Der Plan beginnt zum Zeitpunkt "0" mit einem Kapital in Höhe von 400 Geldeinheiten (GE). Am ersten Tag erwartet der Pfandleiher eine Rückzahlung in Höhe von 200 GE. Somit besitzt er dann abends einen Kassenbestand von 600 GE. Dem Pfandleiher liegen verschiedene Kundenanfragen vor. Am Tag 2 möchte ein "guter Kunde" 400 GE ausleihen, gegen Verpfändung eines erstklassigen Pfandgutes. Nach dem Finanzplan des Pfandleihers kein Problem, er besitzt ja zu diesem Zeitpunkt 600 GE. Auch dem Wunsch eines weiteren Kunden, am 3. Tag 100 GE als Darlehen zu erhalten, kann er problemlos folgen. Nach diesem Plan hat er aber am Ende des 3. Tages nur noch 100 GE in seiner Kasse. Mit diesem geringen Betrag wäre es ihm nicht möglich, weitere Darlehen zu geben. Jedoch erhält er am 4. Tag eine Fremdkapitaleinlage in Höhe von 400 GE. Ein Geldgeber stellt dem Pfandleiher einen bereits früher angekündigten Bargeldgeldbetrag über 400 GE zur Verfügung. Daraufhin kann dieser weitere Darlehen erteilen. In
Finanzplan01.png
der Grafik wird sowohl der voraussichtliche tägliche Kassenstand wie auch der Mittelwert des Kassenbestandes über einen Zeitraum von 8 Tagen, dargestellt. Es ist ersichtlich, das weder der Endwert von 800 GE noch der Mittelwert von 475 GE, eine verlässliche Aussage über die Zahlungsfähigkeit des Pfandleihers treffen können.


Nur durch die Berücksichtigung des gesamten Finanzierungsplans kann die dauerhafte Zahlungsfähigkeit sichergestellt werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Kassenbestand immer positiv sein muss.

Was hier als belanglose, selbstverständliche Weisheit erscheinen mag, ist jedoch das Fundament des Liquiditätsmanagements moderner Banken. Der Zustand der Zahlungsunfähigkeit muss mit allen Mitteln verhindert werden. Bedingt durch das besondere Geschäftsmodell der Pfandleihe kann diese nur in Schwierigkeiten geraten, wenn eine Fremdkapitaleinlage nicht fristgemäß zurückgezahlt werden kann.



Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Banken Allgemeine Encyclopädie für Kaufleute und Fabrikanten 1838
  2. Die Leihbanken Die neue Zeit: Darstellung der Weltereignisse seit dem Jahre 1848