Banken ohne Sparer?: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Vorstellung von Banken als Vermittler (Intermediär) zwischen denjenigen, die Geld benötigen und denjenigen, die Geld übrig haben, basiert noch auf der Warengeldära. Der Sparer hat 100 Goldmünzen angesammelt und verleiht diese z. B. an einen Unternehmer, der damit Investitionen tätigt. Daraus ergibt sich zwingend die Reihenfolge, dass zuerst ein Sparer vorhanden sein muss bevor der Unternehmer etwas ausleihen kann. Nur etwas Vorhandenes kann real ausgeliehen werden. Eine bestimmte Menge „Geld“ wird einfach als vorhanden vorausgesetzt. Der zwingende Zusammenhang zwischen Sparen und Ausleihen wird bereits den Kindern in unseren Schulen vermittelt. Auch im Schülerheft der Deutschen Bundesbank<ref> Deutsche Bundesbank, Geld und Geldpolitik, Schülerbuch für die Sekundarstufe II, Stand 24.05.2015</ref> wird die Vermittlerfunktion der Banken ausführlich beschrieben. Viele Fachbücher beschreiben ebenfalls noch diese Funktion, obwohl nach der Schuldgeldtheorie im Bankensystem kein Bedarf nach Sparern mehr besteht.   
 
Die Vorstellung von Banken als Vermittler (Intermediär) zwischen denjenigen, die Geld benötigen und denjenigen, die Geld übrig haben, basiert noch auf der Warengeldära. Der Sparer hat 100 Goldmünzen angesammelt und verleiht diese z. B. an einen Unternehmer, der damit Investitionen tätigt. Daraus ergibt sich zwingend die Reihenfolge, dass zuerst ein Sparer vorhanden sein muss bevor der Unternehmer etwas ausleihen kann. Nur etwas Vorhandenes kann real ausgeliehen werden. Eine bestimmte Menge „Geld“ wird einfach als vorhanden vorausgesetzt. Der zwingende Zusammenhang zwischen Sparen und Ausleihen wird bereits den Kindern in unseren Schulen vermittelt. Auch im Schülerheft der Deutschen Bundesbank<ref> Deutsche Bundesbank, Geld und Geldpolitik, Schülerbuch für die Sekundarstufe II, Stand 24.05.2015</ref> wird die Vermittlerfunktion der Banken ausführlich beschrieben. Viele Fachbücher beschreiben ebenfalls noch diese Funktion, obwohl nach der Schuldgeldtheorie im Bankensystem kein Bedarf nach Sparern mehr besteht.   
  
[[Datei:Bilanz_Sparda.png|rechts]]Ein reines Warengeldsystem dürfte in der Geschichte jedoch zu den Ausnahmeerscheinungen zählen. So wurde wohl zu allen Zeiten bereits auch mit Kreditgeld gearbeitet, d. h. es wurden Guthaben bei Handelsunternehmen, Goldschmieden und Banken aufgebaut, die nicht mit einer Goldwährung gedeckt waren. Auch die [[Das Geldrätsel: Bank von England|Bank von England]] begann ihren Geschäftsbetrieb sowohl mit dem Ausleihen von Goldmünzen wie auch gleichzeitig mit der Erteilung von Krediten. Diese Mischung aus Warengeld und Kreditgeld existiert heute jedoch nicht mehr. Wir sind in einem reinen Kreditgeldsystem angelangt. Jedoch werden die Begriffe aus der Warengeldära auch heute noch verwendet, obwohl die Grundlage dazu nicht mehr existiert. Untersuchungen von Bankbilanzen zeigen aber, dass die Banken auch heute noch, zumindest teilweise, eine Vermittlerfunktion ausüben. So stehen z. B. in der Bilanz der Sparda-Bank von 2013 Krediten an Kunden in Höhe von 10,7 Mrd € Sparguthaben von 5,9 Mrd € (10,6 - 4,7) gegenüber. Es ist wohl anzunehmen, dass die Sparda-Bank ihren Sparkunden nicht aus Freude am Verschenken Zinsen zahlt, sondern dass handfeste betriebliche Forderungen sie dazu zwingen.  
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[[Datei:Bilanz_Sparda.png|rechts|350px]]Ein reines Warengeldsystem dürfte in der Geschichte jedoch zu den Ausnahmeerscheinungen zählen. So wurde wohl zu allen Zeiten bereits auch mit Kreditgeld gearbeitet, d. h. es wurden Guthaben bei Handelsunternehmen, Goldschmieden und Banken aufgebaut, die nicht mit einer Goldwährung gedeckt waren. Auch die [[Das Geldrätsel: Bank von England|Bank von England]] begann ihren Geschäftsbetrieb sowohl mit dem Ausleihen von Goldmünzen wie auch gleichzeitig mit der Erteilung von Krediten. Diese Mischung aus Warengeld und Kreditgeld existiert heute jedoch nicht mehr. Wir sind in einem reinen Kreditgeldsystem angelangt. Jedoch werden die Begriffe aus der Warengeldära auch heute noch verwendet, obwohl die Grundlage dazu nicht mehr existiert. Untersuchungen von Bankbilanzen zeigen aber, dass die Banken auch heute noch, zumindest teilweise, eine Vermittlerfunktion ausüben. So stehen z. B. in der Bilanz der Sparda-Bank von 2013 Krediten an Kunden in Höhe von 10,7 Mrd € Sparguthaben von 5,9 Mrd € (10,6 - 4,7) gegenüber. Es ist wohl anzunehmen, dass die Sparda-Bank ihren Sparkunden nicht aus Freude am Verschenken Zinsen zahlt, sondern dass handfeste betriebliche Forderungen sie dazu zwingen.  
 
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[[Datei:13Bilanzen, zwei Banken-vereinfachte Darstellung.png|rechts|650px]]Soll eine Überweisung von Anton, einem Kunden der Kreditbank  zu Benno, einem Kunden der Handelsbank vorgenommen werden, so muss die Kreditbank einen Kredit über 4.500 € bei der Handelsbank aufnehmen. Die Einzelschritte können unter [[Das Geldrätsel: Bilanzen der Geschäftspartner|Bilanzen der Geschäftspartner]] nachvollzogen werden. Damit besitzt die Kreditbank 4.500 Handelsbank-€ auf ihrem Bankenkonto bei der Handelsbank. Die Handelsbank nimmt sodann eine interne Überweisung von 4.500 € von diesem Konto zugunsten Bennos vor. Danach verbleibt bei der  Handelsbank eine Forderung von 4.500 € an die Kreditbank, die normale Folge einer Kreditaufnahme mit anschließender Überweisung des beim Kredit entstandenen Giralgeldes. Erforderlich ist diese Kreditaufnahme unter den Banken, da Kreditbank-€ nur Gültigkeit bei der Kreditbank besitzen und Handelsbank-€ nur Gültigkeit bei den Kunden der Handelsbank haben. Würde die Handelsbank auf Wunsch der Kreditbank Benno 4.500 € auf seinem Konto gutschreiben ohne eine zuvor erfolgte Kreditaufnahme der Kreditbank, so wäre dies für die Kreditbank von Vorteil, da sie nach wie vor eine Forderung über 4.500 € an Anton besitzt, die ursprünglich gegenüberstehende Verpflichtung jedoch an die Handelsbank abgegeben hat. Deshalb wird die Handelsbank die Überweisung nur ausführen, wenn die Kreditbank bei ihr einen Kredit aufnimmt.  
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[[Datei:13Bilanzen, zwei Banken-vereinfachte Darstellung.png|rechts|600px]]Soll eine Überweisung von Anton, einem Kunden der Kreditbank  zu Benno, einem Kunden der Handelsbank vorgenommen werden, so muss die Kreditbank einen Kredit über 4.500 € bei der Handelsbank aufnehmen. Die Einzelschritte können unter [[Das Geldrätsel: Bilanzen der Geschäftspartner|Bilanzen der Geschäftspartner]] nachvollzogen werden. Das Guthaben der Kreditbank bei der Handelsbank wird sodann von der Handelsbank auf Bennos Konto überwiesen. Danach verbleibt bei der  Handelsbank eine Forderung von 4.500 € an die Kreditbank, und bei der Kreditanstalt eine Verbindlichkeit (Schuld) gegenüber der Handelsbank. Erforderlich ist diese Kreditaufnahme unter den Banken, da Kreditbank-€ nur Gültigkeit bei der Kreditbank besitzen und Handelsbank-€ nur Gültigkeit bei den Kunden der Handelsbank haben. Würde die Handelsbank auf Wunsch der Kreditbank Benno 4.500 € auf seinem Konto gutschreiben ohne eine zuvor erfolgte Kreditaufnahme der Kreditbank, so wäre dies für die Kreditbank von großem Vorteil, da sie Ihre Verpflichtung gegenüber Anton auf die Handelsbank übertragen hat ohne selbst eine neue Verpflichtung eingegangen zu sein. Ihre Schuld gegenüber Anton hätte sie der Handelsbank aufgebürdet. Deshalb wird die Handelsbank die Überweisung nur ausführen, wenn die Kreditbank sich im Gegenzug bei ihr verschuldet. Die oben stehende Abbildung zeigt die betroffenen Bilanzänderungen nach erfolgter Kreditaufnahme und Überweisung. Die Einschaltung der Zentralbank bei einer Überweisung ändert an diesen grundsätzlichen Überlegungen nichts, da die Zentralbank dann lediglich als Vermittler mit eigenen Zentralbank-€, dem [[Das Geldrätsel: Bilanzen der Geschäftspartner#Überweisung mit Zentralbank|Zentralbank-Buchgeld]] auftritt.  
  
Vermindert wird der Bedarf an gegenseitigen Kreditaufnahmen durch gegenläufige Überweisungen, eingeräumte Kreditlinien der Banken untereinander sowie durch Einschaltung von Clearing- und Settlementstellen. Durchschnittlich verbleibt jedoch ein Grundblock an Kreditaufnahmen zwischen den Banken in der Größenordnung von ca. 30 % der  Bilanzsummen. Bei großem Vertrauen unter den Banken fällt dieser Anteil während er bei Krisen, wie z. B. der Pleite von Lehman Brother, stark ansteigt.  
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Beträchtlich vermindert wird der Bedarf an gegenseitigen Kreditaufnahmen durch gegenläufige Überweisungen der Banken untereinander sowie durch Einschaltung von Verrechnungsstellen. Durchschnittlich verbleibt jedoch ein Grundblock an Kreditaufnahmen zwischen den Banken in der Größenordnung von ca. 30 % der  Bilanzsummen. Bei großem Vertrauen unter den Banken fällt dieser Anteil während er bei Krisen, wie z. B. der Pleite von Lehman Brothers, stark ansteigt.  
  
  
 
==Einzelnachweise und Fußnoten==
 
==Einzelnachweise und Fußnoten==
 
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Version vom 1. April 2017, 08:27 Uhr


Wie im Beitrag "Es werde Geld" beschrieben können Geschäftsbanken auch ohne vorhergehende Ansammlung von „Spargeldern“ Kredite erteilen. Sind damit Sparer für Banken nicht insgesamt überflüssig oder sogar nachteilig, da sie nur unnötige Kosten verursachen? Ist die Vermittlerfunktion von Banken nur ein Märchen?

Die Vorstellung von Banken als Vermittler (Intermediär) zwischen denjenigen, die Geld benötigen und denjenigen, die Geld übrig haben, basiert noch auf der Warengeldära. Der Sparer hat 100 Goldmünzen angesammelt und verleiht diese z. B. an einen Unternehmer, der damit Investitionen tätigt. Daraus ergibt sich zwingend die Reihenfolge, dass zuerst ein Sparer vorhanden sein muss bevor der Unternehmer etwas ausleihen kann. Nur etwas Vorhandenes kann real ausgeliehen werden. Eine bestimmte Menge „Geld“ wird einfach als vorhanden vorausgesetzt. Der zwingende Zusammenhang zwischen Sparen und Ausleihen wird bereits den Kindern in unseren Schulen vermittelt. Auch im Schülerheft der Deutschen Bundesbank[1] wird die Vermittlerfunktion der Banken ausführlich beschrieben. Viele Fachbücher beschreiben ebenfalls noch diese Funktion, obwohl nach der Schuldgeldtheorie im Bankensystem kein Bedarf nach Sparern mehr besteht.

Bilanz Sparda.png
Ein reines Warengeldsystem dürfte in der Geschichte jedoch zu den Ausnahmeerscheinungen zählen. So wurde wohl zu allen Zeiten bereits auch mit Kreditgeld gearbeitet, d. h. es wurden Guthaben bei Handelsunternehmen, Goldschmieden und Banken aufgebaut, die nicht mit einer Goldwährung gedeckt waren. Auch die Bank von England begann ihren Geschäftsbetrieb sowohl mit dem Ausleihen von Goldmünzen wie auch gleichzeitig mit der Erteilung von Krediten. Diese Mischung aus Warengeld und Kreditgeld existiert heute jedoch nicht mehr. Wir sind in einem reinen Kreditgeldsystem angelangt. Jedoch werden die Begriffe aus der Warengeldära auch heute noch verwendet, obwohl die Grundlage dazu nicht mehr existiert. Untersuchungen von Bankbilanzen zeigen aber, dass die Banken auch heute noch, zumindest teilweise, eine Vermittlerfunktion ausüben. So stehen z. B. in der Bilanz der Sparda-Bank von 2013 Krediten an Kunden in Höhe von 10,7 Mrd € Sparguthaben von 5,9 Mrd € (10,6 - 4,7) gegenüber. Es ist wohl anzunehmen, dass die Sparda-Bank ihren Sparkunden nicht aus Freude am Verschenken Zinsen zahlt, sondern dass handfeste betriebliche Forderungen sie dazu zwingen.

Um die real existierenden Zwänge zur Förderung von Sparkonten zu ergründen ist das Modell von Banken ohne Bargeld hilfreich. Zum Beispiel bilden sämtliche Kunden der Kreditbank die Zahlungsgemeinschaft Kreditbank, d. h. das Giralgeld der Kreditbank besitzt nur Gültigkeit bei den Kunden der Kreditbank. Dieses Giralgeld, nennen wir es Kreditbank-€, kann den Kontenbereich der Kreditbank nicht verlassen. Das Giralgeld stellt eine Forderung an die Kreditbank dar. Beim Entstehen dieses Giralgeldes sind auch gleichzeitig betragsmäßig gleich hohe Kredite von Kreditbankkunden entstanden. Die Kreditkunden aber benötigen nach Ablauf der Kreditlaufzeit Kreditbank-€ um ihre Schulden zu tilgen. Damit ist ein Zwangskreislauf installiert.[2]


13Bilanzen, zwei Banken-vereinfachte Darstellung.png
Soll eine Überweisung von Anton, einem Kunden der Kreditbank zu Benno, einem Kunden der Handelsbank vorgenommen werden, so muss die Kreditbank einen Kredit über 4.500 € bei der Handelsbank aufnehmen. Die Einzelschritte können unter Bilanzen der Geschäftspartner nachvollzogen werden. Das Guthaben der Kreditbank bei der Handelsbank wird sodann von der Handelsbank auf Bennos Konto überwiesen. Danach verbleibt bei der Handelsbank eine Forderung von 4.500 € an die Kreditbank, und bei der Kreditanstalt eine Verbindlichkeit (Schuld) gegenüber der Handelsbank. Erforderlich ist diese Kreditaufnahme unter den Banken, da Kreditbank-€ nur Gültigkeit bei der Kreditbank besitzen und Handelsbank-€ nur Gültigkeit bei den Kunden der Handelsbank haben. Würde die Handelsbank auf Wunsch der Kreditbank Benno 4.500 € auf seinem Konto gutschreiben ohne eine zuvor erfolgte Kreditaufnahme der Kreditbank, so wäre dies für die Kreditbank von großem Vorteil, da sie Ihre Verpflichtung gegenüber Anton auf die Handelsbank übertragen hat ohne selbst eine neue Verpflichtung eingegangen zu sein. Ihre Schuld gegenüber Anton hätte sie der Handelsbank aufgebürdet. Deshalb wird die Handelsbank die Überweisung nur ausführen, wenn die Kreditbank sich im Gegenzug bei ihr verschuldet. Die oben stehende Abbildung zeigt die betroffenen Bilanzänderungen nach erfolgter Kreditaufnahme und Überweisung. Die Einschaltung der Zentralbank bei einer Überweisung ändert an diesen grundsätzlichen Überlegungen nichts, da die Zentralbank dann lediglich als Vermittler mit eigenen Zentralbank-€, dem Zentralbank-Buchgeld auftritt.

Beträchtlich vermindert wird der Bedarf an gegenseitigen Kreditaufnahmen durch gegenläufige Überweisungen der Banken untereinander sowie durch Einschaltung von Verrechnungsstellen. Durchschnittlich verbleibt jedoch ein Grundblock an Kreditaufnahmen zwischen den Banken in der Größenordnung von ca. 30 % der Bilanzsummen. Bei großem Vertrauen unter den Banken fällt dieser Anteil während er bei Krisen, wie z. B. der Pleite von Lehman Brothers, stark ansteigt.


Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Deutsche Bundesbank, Geld und Geldpolitik, Schülerbuch für die Sekundarstufe II, Stand 24.05.2015
  2. Eine Ausnahme bildet der Kauf von Wertpapieren oder Sachgütern durch den Bankensektor. Hierbei entstehen nur Verbindlichkeiten der Kreditbank gegenüber ihren Kunden.