Autor Thema: Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise  (Gelesen 50566 mal)

Eurelios

  • Intern
  • Sr. Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 309
    • Profil anzeigen
    • E-Mail
Re:Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise
« Antwort #15 am: 22. April 2012, 02:09:20 »
Hallo Halil, Hallo Rudi,

Rudi du schreibst:

Du setzt bei Deinen Ausführungen wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse voraus, welche in der gewünschten Form, zumindest bei mir, so nicht vorhanden sind.

Geht mir genauso. Was haben Abschreibungen mit unserm derzeitigem Geldsystem zu tun ?????.


Viele Grüße von Günter

Halil

  • Jr. Mitglied
  • **
  • Beiträge: 69
    • Profil anzeigen
Re:Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise
« Antwort #16 am: 23. April 2012, 10:23:59 »
Hallo Mumken, Hallo Eurelios,

Zitat
Du setzt bei Deinen Ausführungen wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse voraus, welche in der gewünschten Form, zumindest bei mir, so nicht vorhanden sind.

Meine Ausführungen (Fragen und Antworten) sind für solche Leute gedacht, bei denen ich keine mathematischen und wirtschaftswissenschaftlichen Vorkenntnisse voraussetze. Da ich aber im Voraus nicht wissen kann, welche Verständnisfragen beim Lesen dieses Textes auftreten, lasse ich die LeserInnen erst einmal über ihre konkreten Schwierigkeiten berichten und versuche dann im zweiten Schritt diese aus dem Weg zu räumen. Ob mir diese Strategie „des Vermittelns im Dialog“ gelingt, das wird sich erst am Ende unserer Diskussionen zeigen.

Zitat
Mikro- und Makroökonomie sind Teilgebiete der Volkswirtschaftslehre. Die Mikroökonomie beschäftigt sich dabei mit dem Verhalten einzelner Teilnehmer, wie Unternehmer und Haushalt, am Marktgeschehen. Mein Beispiel mit der Abschreibung  „Das Fertigprodukt wird von einem Unternehmen gekauft und eingesetzt.“ wird entsprechend dem Bereich der Mikroökonomie zugeordnet.

Festzuhalten ist: Meine Analyse ist streng makroökonomisch und historisch, d. h. ich versuche anhand makroökonomischer Größen grundsätzliche, historische Tendenzen der Wirtschaftsentwicklung aufzuzeigen und dadurch das Ende des Kapitalismus vorherzusagen.

Zitat
Die von Dir angeführten Kurven der Makroökonomie beschreiben eine stetig steigende Tendenz der Abschreibungen bezogen auf das Bruttosozialprodukt (BIP). (Makroökonomie beschreibt hier die Summe der wirtschaftlichen Vorgänge in einem Lande.)  Das bedeutet doch, dass z. B.  die Höhe der Abschreibungen in der Volkswirtschaft Deutschlands von 9 % des BIP 1960 auf 14 % in 2004 gestiegen sind. Welche Schlüsse kann man hieraus ziehen? (…) Wie interpretierst Du die Ergebnisse des gezeigten Diagramms?

Die Zunahme der Abschreibungsquote (Abschreibungen / Bruttoinlandsprodukt) ist die erste historische Tendenz der Wirtschaftsentwicklung. Sie ist ein Maß für die technologische Entwicklung und gibt an, in welchem Verhältnis zur Gesamtproduktion der Verbrauch der Anlagegüter steigt. Durch den technologischen Fortschritt werden die Unternehmen instand gesetzt, mehr Sachanlagen einzusetzen und dadurch kostengünstiger zu produzieren.

Zitat
Die Erhöhung der Abschreibungen über den Anstieg des BIP bedeutet doch, dass wir immer kurzlebigere Investitionsgüter herstellen? Die rasante Entwicklung der Technologie bringt dies mit sich? Oder produzieren wir mehr Schrottprodukte, welche halt nicht mehr so lange halten? Spielt hier die „geplante Obsoleszenz“ eine Rolle, die Sollbruchstelle in unseren Produkten welche zu einem frühen Austausch zwingt?

Nein, die historische Zunahme der Abschreibungsquote = Abschreibungen / BIP bedeutet nicht automatisch, dass wir immer kurzlebigere Investitionsgüter herstellen. Für die Kurzlebigkeit der Investitionsgüter ist die Abnahme der durchschnittlichen Abschreibungsdauer = Nettoanlagevermögen / Abschreibungen verantwortlich, die für die USA oben im Diagramm 6 dargestellt ist. Während die Zunahme der Abschreibungsquote ein Maß für die Masse der eingesetzten technologischen Innovationen ist, gibt die Abnahme der durchschnittlichen Abschreibungsdauer an, wie schnell technologische Generationen aufeinander folgen und wie intensiv sie in einzelne Wirtschaftszweige eindringen. Mit abnehmender durchschnittlicher Abschreibungsdauer nimmt die Abschreibungsgeschwindigkeit (= Abschreibungen / Nettoanlagevermögen), d. h. die Produktivität, zu. Aus der Tatsache, dass die durchschnittliche Abschreibungsdauer im Zeitraum von 1951 bis 2007 kontinuierlich abgenommen hat, ist zu schließen, dass die auf der Grundlage von Elektronik und Informationstechnologien stattfindenden Innovationsschübe praktisch permanent geworden sind und jedes Unternehmen unter dem Konkurrenzdruck steht, auf Gedeih oder Verderb die Produktivität zu steigern. Die Folge davon ist, dass die Produktion viel effizienter und differenzierter organisiert wird und jedes Angebot schon im Entstehen den entsprechenden Nachfragewunsch erzeugt.

Eine dritte historische Tendenz der Wirtschaftsentwicklung ist die Abnahme des Verhältnisses Bruttoinvestitionen / Abschreibungen, die für die USA oben im Diagramm 5 dargestellt ist. Sie ist ein Maß für den relativen Rückgang der Bruttoinvestitionen und gibt an, wie stark die Produktion jährlich steigen muss, damit bei abnehmender durchschnittlicher Abschreibungsdauer, d. h. bei zunehmender Produktivität, Produktion und Gesamtkonsum (= Konsum + Außenbeitrag) im Gleichgewicht bleiben.

Diese drei historischen Tendenzen zusammen machen die Objektivität der Wirtschaftsentwicklung aus, d. h. ich kann für alle anderen makroökonomischen Größen eine Trendbestimmung durchführen und mit einiger Sicherheit über Konjunkturschwankungen hinweg vorhersagen, wie diese Größen in Zukunft in Abhängigkeit vom technologischem Fortschritt aussehen werden. (Ich möchte an dieser Stelle bitten, im Lichte dieser Erklärungen meine Fragen und Antworten oben noch einmal zu lesen. Vielleicht klappt es mit dem Verstehen diesmal besser!)

Beste Grüße aus Türkiye

Halil Güvenis

Mumken

  • Sr. Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 291
    • Profil anzeigen
Re:Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise
« Antwort #17 am: 15. Mai 2012, 11:56:57 »

Das Gleichgewicht zwischen Produktion und Konsum kann aber dennoch bewahrt werden, weil das Sparen der privaten Haushalte im Normalfall von ihren Nettoinvestitionen absorbiert wird. Wird allerdings das Sparen der privaten Haushalte in einer bestimmten Geschichtsepoche (z. B. USA 1929!) größer als die durch Produktivitätssteigerungen gesenkten Nettoinvestitionen, dann entsteht eine Systemkrise; der „frei schwebende“ Teil der Ersparnisse muss wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Daraufhin erklärt sich der Staat bereit (Roosevelts New Deal!), den „frei schwebenden“ Teil des Sparens der privaten Haushalte durch Staatsverschuldung zu übernehmen und der Produktion und dem Konsum zurückzuführen.


Würde das bedeuten, die von den privaten Sparern angelegten (gehorteten) Gelder will niemand mehr haben und der Staat muss durch erhöhte Schulden dieses Geld wieder in den Kreislauf bringen? Die Banken wollen kein Geld mehr von ihren Kunden als Spargeld annehmen?
........

Viele Grüße
Rudi

Halil

  • Jr. Mitglied
  • **
  • Beiträge: 69
    • Profil anzeigen
Re:Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise
« Antwort #18 am: 15. Mai 2012, 14:15:15 »
Hallo Mumken,

Zitat
Würde das bedeuten, die von den privaten Sparern angelegten (gehorteten) Gelder will niemand mehr haben und der Staat muss durch erhöhte Schulden dieses Geld wieder in den Kreislauf bringen?


Die „von den privaten Sparern angelegten (gehorteten) Gelder“ erzeugen zunächst eine Blase (Finanzkapital usw.). Platzt diese Blase, so erweist sich ein gewisser Teil der angelegten (gehorteten) Gelder als Scheininvestition und muss in der Krise durch Wertverfall wieder rückgängig gemacht werden, d. h. die ursprünglich zu einem hohen Preis angelegten Gelder finden in der Krise nur zu einem verbilligten Preis ihre Kunden. Reagiert nun der Staat auf diese Krise (auf diesen Preisverfall!) durch erhöhte Schuldenaufnahme, dann kann er die fehlende Nachfrage wett machen und die privaten Sparer zwingen, einen gewissen Teil ihrer Ersparnisse in Nettoinvestitionen zu verwandeln. – Die Weltwirtschaftkrise von 1929 und die darauf folgende New Deal von Roosevelt haben gezeigt, dass die Krisen des Kapitalismus nach diesem Rezept bekämpft werden können. In der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise hat sich aber herausgestellt, dass der Staat durch erhöhte Schuldenaufnahme die privaten Sparer nicht mehr veranlassen kann, einen gewissen Teil ihrer Ersparnisse in Nettoinvestitionen zu verwandeln. Die Produktion ist seit 1929 so mächtig geworden, dass jede zusätzliche Nachfrage seitens des Staates mit erhöhter Produktivität und Kapazitätsauslastung beantwortet wird. Das ist das Dilemma unserer Zeit!

Zitat
Die Banken wollen kein Geld mehr von ihren Kunden als Spargeld annehmen?

Die Banken müssen von ihren Kunden selbst zu Krisenzeiten Geld annehmen, sei es auch zu einem niedrigen Zinssatz! Meines Wissens zahlen japanische Banken zur Zeit negative Zinsen, dennoch legen die JapanerInnen ihr Geld nicht im Ausland an, sondern bei japanischen Banken.

Herzliche Grüße aus Istanbul

Halil


Mumken

  • Sr. Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 291
    • Profil anzeigen
Re:Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise
« Antwort #19 am: 17. Mai 2012, 21:26:10 »
........
Die Banken müssen von ihren Kunden selbst zu Krisenzeiten Geld annehmen, sei es auch zu einem niedrigen Zinssatz! Meines Wissens zahlen japanische Banken zur Zeit negative Zinsen, dennoch legen die JapanerInnen ihr Geld nicht im Ausland an, sondern bei japanischen Banken.
.......


Bei Deiner oben genannten Aussage Halil tauchen bei mir sofort zwei neue Fragen auf.

Wieso muss die Bank auch in Krisenzeiten Geld annehmen ? Wer zwingt sie dazu?

Zum anderen frage ich mich, weshalb sollte ich Geld zur Bank bringen, wenn ich doch nur einen negativen Zins erhalte. Dann kann ich es doch auch direkt selbst aufbewahren. Oder erscheint der negative Zins hier nur als Entgelt für die Dienstleistung des Aufbewahrens?


Grüße aus der Eifel von
Rudi



Halil

  • Jr. Mitglied
  • **
  • Beiträge: 69
    • Profil anzeigen
Re:Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise
« Antwort #20 am: 18. Mai 2012, 11:35:13 »
Hallo Mumken,


Zitat
Wieso muss die Bank auch in Krisenzeiten Geld annehmen? Wer zwingt sie dazu?

Ich nehme an, die Geschäftsbedingungen der Banken zwingen sie zur Geldannahme. Sie machen ja keine Verluste; sie verdienen was, wenn sie zu negativen Zinsen Geld annehmen.

Zitat
Zum anderen frage ich mich, weshalb sollte ich Geld zur Bank bringen, wenn ich doch nur einen negativen Zins erhalte. Dann kann ich es doch auch direkt selbst aufbewahren. Oder erscheint der negative Zins hier nur als Entgelt für die Dienstleistung des Aufbewahrens?

Ja, meines Erachtens erscheint der negative Zins als Entgelt für die Dienstleistung des Aufbewahrens. Sonst müsstest du dein Geld selbst aufbewahren und damit verbunden ein Sicherheitsrisiko eingehen. Der negative Zins ist also eine Art Versicherungsprämie dafür, dass die Bank dich gegen Sicherheitsrisiken schützt.

Viele Grüße aus Istanbul

Halil


Halil

  • Jr. Mitglied
  • **
  • Beiträge: 69
    • Profil anzeigen
Re:Ökonomen zittern vor Griechen-Austritt
« Antwort #21 am: 31. Mai 2012, 09:28:38 »
Hallo Eurelios,


Wir haben ein marodes Geldsystem das in seinen Endzügen ist und von unseren meisten Ökonomen, durch ihre Studiumausbildung von den alten ``Meister``, gar nicht mehr begreifen können das auch daß derzeitige Geldsystem scheitern wird. Nach dem Motto: Es darf nicht sein was nicht sein darf.


Es ist ganz normal, wenn unsere Ökonomen gar nicht verstehen, dass die alte Form des Wirtschaftens demnächst zugrunde geht. Die derzeitigen kapitalistischen Verhältnisse sind in den letzten vier Jahrhunderten Schritt für Schritt gewachsen und haben sich über viele Krisen hinweg als entwicklungsfähig erwiesen. Warum sollen sie auch diesmal nicht Bestand haben? Wenn unerwartet aus heiterem Himmel ein kräftiges Wirtschaftswachstum kommt, dann kann das derzeitige System weiter bestehen und alle ihm angelasteten „Schönheitsfehler“ überbrücken. – Das ist die Hoffnung unserer Ökonomen und die ist nicht aus der Welt zu schaffen, solange der globale Staatsbankrott nicht eintritt und seine desillusionierende Wirkung über diese Leute ausbreitet.

Viele Grüße aus Istanbul

Halil

Änderung Admin 02.06.2012:
Beitrag wurde von
"Ökonomen zittern vor Griechen-Austritt" nach hier verschoben.
« Letzte Änderung: 02. Juni 2012, 08:38:27 von Admin »

Mumken

  • Sr. Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 291
    • Profil anzeigen
Re:Ökonomen zittern vor Griechen-Austritt
« Antwort #22 am: 31. Mai 2012, 21:23:13 »

Es ist ganz normal, wenn unsere Ökonomen gar nicht verstehen, dass die alte Form des Wirtschaftens demnächst zugrunde geht. Die derzeitigen kapitalistischen Verhältnisse sind in den letzten vier Jahrhunderten Schritt für Schritt gewachsen und haben sich über viele Krisen hinweg als entwicklungsfähig erwiesen. Warum sollen sie auch diesmal nicht Bestand haben? Wenn unerwartet aus heiterem Himmel ein kräftiges Wirtschaftswachstum kommt, dann kann das derzeitige System weiter bestehen und alle ihm angelasteten „Schönheitsfehler“ überbrücken. – Das ist die Hoffnung unserer Ökonomen und die ist nicht aus der Welt zu schaffen, solange der globale Staatsbankrott nicht eintritt und seine desillusionierende Wirkung über diese Leute ausbreitet.


An Deine Vorstellung Halil,  dass eine nachhaltige Änderung unseres Systems nur nach einem Crash mit Neuanfang möglich sei, wurde ich heute durch ein Deutschlandfunk-Interview nochmals erinnert. Auch der Buchautor "David Graeber" vertritt diese Meinung.

Zitat
David Graeber glaubt nicht mehr an Wachstum. Mit Finanztransaktions- oder Reichensteuern könne man den Patienten nicht retten. Nur ein einmaliger Schuldenerlass und eine gleichzeitige Neugestaltung unserer Demokratie können Schlimmeres verhindern.


Mit einem Schuldenerlass alleine ist jedoch m. E. noch keine künftige Nachhaltigkeit bei der Verteilung von Vermögen und Einkommen zu erreichen.

Zitat
Ebenso radikal lehnt David Graeber die Erfolgsgeschichte des Kapitalismus ab, solange unser Wohlstand auf Schuldenbergen und Ausbeutung beruht.


Das Interview zu seinem Buch ""inside occupy"" kann nachgelesen werden unter

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/buechermarkt/1771233/

Was mich jetzt wirklich interessieren würde, wäre sein Konzept für eine "Neue Demokratie". Wie soll diese denn aussehen und wie funktionieren?

Leider wurde auf diese Frage im Interview nicht eingegangen. :(

Beste Grüße aus der Eifel,

Rudi



Halil

  • Jr. Mitglied
  • **
  • Beiträge: 69
    • Profil anzeigen
Re:Ökonomen zittern vor Griechen-Austritt
« Antwort #23 am: 01. Juni 2012, 10:08:48 »
Hallo Mumken,

Zitat
Mit einem Schuldenerlass alleine ist jedoch m. E. noch keine künftige Nachhaltigkeit bei der Verteilung von Vermögen und Einkommen zu erreichen.

Ich bin auch deiner Meinung. „Schuldenerlass“ ist nicht der richtige Ausdruck für das, was nach dem globalen Staatsbankrott geschehen soll. Nachhaltigkeit bei der Verteilung von Vermögen und Einkommen kann nur dann erreicht werden, wenn das letzte Zehntel der Erwachsenenbevölkerung in Deutschland zwecks Aufhebung der Staatsschulden auf 40 Prozent des Nettovermögens verzichtet und diese Umschuldungsaktion nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt durchgeführt wird.

Zitat
Was mich jetzt wirklich interessieren würde, wäre sein Konzept für eine "Neue Demokratie". Wie soll diese denn aussehen und wie funktionieren?

In meinem Buch "Lösung der Klimakrise im Rahmen der Zusammenbruchskrise des Kapitalismus" entwickle ich folgenden Gedankengang für die Situation nach der weltweiten Umschuldung:

Zitat
Das Maßnahmenpaket zur Lösung der Verschuldungsfrage ist zwar geeignet, alle Staaten der Welt schuldenfrei zu machen, doch dadurch wird eine Vermögensstruktur erzeugt, die es den Privatpersonen nicht mehr erlaubt, auf individueller Basis einen Besitz zu erwerben, dessen Preis jenseits vom festgelegten Vermögensgrenzwert liegt. Darüber hinaus sind alle größeren Vermögenswerte in der Hand des Staates konzentriert und es besteht wegen Negativwachstums und sinkender Nettoinvestitionen keine Möglichkeit, dass sich irgendwelche Unternehmer bereit erklären, die in Staatshand befindlichen Betriebe auf gemeinschaftlicher Basis zu übernehmen und zu leiten… In so einer historischen Situation wird die Übernahme der Großbetriebe durch ihre eigene Belegschaft zur Notwendigkeit, d. h. die unmittelbaren Produzenten müssen ihren eigenen Arbeitsplatz aufkaufen. Das ist die einzige Möglichkeit, weil allein die unmittelbaren Produzenten ein Interesse daran haben, unter den Bedingungen des Negativwachstums und der verschwindenden Gewinne die Produktion fortzusetzen… Es ist allerdings gut möglich, dass sich die unmittelbaren Produzenten gegen den Aufkauf ihrer Arbeitsplätze wehren und die Absicht äußern, dass sie lieber unter der Regie des Staates produzieren wollen, anstatt sich die Mühe zu machen, selbständig und gemeinschaftlich ihre eigenen Betriebe zu führen… In diesem Fall wäre es die Aufgabe des Staates, sie daran zu erinnern, dass es vom Auftrag und von der Interessenvertretung des Staates her nicht möglich ist, langfristig die Unternehmen zu führen… Außerdem besteht eine historische Notwendigkeit dafür, dass die Großunternehmen durch das Sparen der privaten Haushalte direkt aufgekauft werden. Da in der neuen Ära nach dem Ausscheiden der Staatsverschuldung kein Kreditnehmer für das Sparen der privaten Haushalte vorhanden sein wird, muss diese Summe von privaten Haushalten selbst zum Aufkauf ihrer Arbeitsplätze verwendet werden… In der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre war es der Massenkonsum, der die endgültige Lösung der Konsumfrage brachte; in der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise werden die Direktinvestitionen der privaten Haushalte in ihren eigenen Arbeitsplatz die eigentliche, Epoche machende Lösung sein.

Herzliche Grüße aus Istanbul

Halil Güvenis

Eurelios

  • Intern
  • Sr. Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 309
    • Profil anzeigen
    • E-Mail
Re:Ökonomen zittern vor Griechen-Austritt
« Antwort #24 am: 01. Juni 2012, 17:11:43 »
Hallo Halil,

Du schreibst:

Das Maßnahmenpaket zur Lösung der Verschuldungsfrage ist zwar geeignet, alle Staaten der Welt schuldenfrei zu machen, doch........
.......in der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise werden die Direktinvestitionen der privaten Haushalte in ihren eigenen Arbeitsplatz die eigentliche, Epoche machende Lösung sein


Naja da habe ich so meine Zweifel. Würde vielleicht funktionieren wenn alle Menschen wie bei den Pfadfindern das Motto hätten:
Jeden Tag eine gute Tat oder die Einstellung: Alle für Einen, Einer für Alle.

Dem ist leider nicht so weil fast jeder Mensch, bis auf Ausnahmen (Gandi, Martin Luther King, Mutter Theresa) nur an sich selber denkt
allenfalls noch an seine nächsten Angehörige.

Viele Grüße von

GÜNTER 

Mumken

  • Sr. Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 291
    • Profil anzeigen
Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise
« Antwort #25 am: 02. Juni 2012, 09:20:19 »
Ich bin auch deiner Meinung. „Schuldenerlass“ ist nicht der richtige Ausdruck für das, was nach dem globalen Staatsbankrott geschehen soll. Nachhaltigkeit bei der Verteilung von Vermögen und Einkommen kann nur dann erreicht werden, wenn das letzte Zehntel der Erwachsenenbevölkerung in Deutschland zwecks Aufhebung der Staatsschulden auf 40 Prozent des Nettovermögens verzichtet und diese Umschuldungsaktion nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt durchgeführt wird.

Beim Schuldenerlass alleine stelle ich mir immer ein Monopolyspiels vor. Nach dem nun ein Spieler gewonnen hat wird ein neues Spiel gestartet. Dabei erhält jeder Spieler den gleichen Startbetrag als Spielgeld.
Die Nichtberücksichtigung der Einkommen und Vermögen würde beim Monopolyspiel bedeuten, dass alle Spieler die zuvor in ihrem Besitz befindlichen Häuser und Hotels behalten dürfen. Niemand würde bei einem solchen Spiel mitmachen, da ja feststeht, das die Besitzer von Häusern und Hotels in kürzester Zeit das Spiel schon wieder gewinnen werden.
 
Zitat
In meinem Buch "Lösung der Klimakrise im Rahmen der Zusammenbruchskrise des Kapitalismus" entwickle ich folgenden Gedankengang für die Situation nach der weltweiten Umschuldung:

Das Maßnahmenpaket zur Lösung der Verschuldungsfrage ist zwar geeignet, alle Staaten der Welt schuldenfrei zu machen, doch dadurch wird eine Vermögensstruktur erzeugt, die es den Privatpersonen nicht mehr erlaubt, auf individueller Basis einen Besitz zu erwerben, dessen Preis jenseits vom festgelegten Vermögensgrenzwert liegt.
........

Wie ist der "festgelegte Vermögensgrenzwert" zu verstehen Halil? Soll staatlich eine Vermögensobergrenze geregelt werden?

Viele Grüße aus der Eifel von

Rudi

Halil

  • Jr. Mitglied
  • **
  • Beiträge: 69
    • Profil anzeigen
Re:Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise
« Antwort #26 am: 02. Juni 2012, 12:25:53 »
Hallo Mumken,

Zitat
Wie ist der "festgelegte Vermögensgrenzwert" zu verstehen Halil? Soll staatlich eine Vermögensobergrenze geregelt werden?

Mit dem „festgelegten Vermögensgrenzwert“ ist die maximal mögliche Obergrenze fürs Nettovermögen gemeint, das nach der einmaligen proportionalen Vermögenssteuer zur Tilgung der Staatsschulden noch in den Händen der Privatpersonen bleibt.

Viele Grüße aus Istanbul

Halil

Mumken

  • Sr. Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 291
    • Profil anzeigen
Re:Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise
« Antwort #27 am: 03. Juni 2012, 08:47:26 »
Hallo Halil,

...............
Mit dem „festgelegten Vermögensgrenzwert“ ist die maximal mögliche Obergrenze fürs Nettovermögen gemeint, das nach der einmaligen proportionalen Vermögenssteuer zur Tilgung der Staatsschulden noch in den Händen der Privatpersonen bleibt.
........


nehmen wir zum Beispiel den Spitzenreiter in Deutschland von 2011 "Karl Hans Albrecht". Laut "Spiegel Online" vom 10.10.2011 besitzt er ein Vermögen von 17,2 Milliarden Euro.

...........
Nachhaltigkeit bei der Verteilung von Vermögen und Einkommen kann nur dann erreicht werden, wenn das letzte Zehntel der Erwachsenenbevölkerung in Deutschland zwecks Aufhebung der Staatsschulden auf 40 Prozent des Nettovermögens verzichtet und diese Umschuldungsaktion nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt durchgeführt wird.
..........


"Karl Hans Albrecht" ist somit auch Spitzenreiter des letzten Zehntels der Bevölkerung. Wenn man die die Bevölkerung in 10 Vermögensgruppen aufteilt, so besitzt das letzte Zehntel  61,1 Prozent des Gesamtvermögens.
Für "Karl Hans Albrecht" würde ein Verzicht auf 40 Prozent seines Vermögens somit eine Einbuße von 7,1 Milliarden Euro bedeuten. Ihm verblieben dann noch 10,1 Milliarden Euro. Wäre dies dann nach Deiner Vorstellung die "Obergrenze fürs Nettovermögen" von "Karl Hans Albrecht"? Dieser Wert wäre dann zementiert und könnte auch nicht mehr gesteigert werden? Würde er seine verbliebenen 10.1 Milliarden Euro nur zu 2 Prozent Zinsen anlegen erhielte er eine Zinszahlung in Höhe von über 500.000 Euro pro Tag, welche er unmöglich selbst verbrauchen kann.
Den unverbrauchten Rest würde ja dann der Staat kassieren. Herr "Karl Hans Albrecht" hätte meines Erachtens deshalb keinerlei Anreiz sein Vermögen zu mehren. Er hätte es viel einfacher, nur von dem vorhandenen Vermögen zu leben und keinerlei Arbeit mehr zu investieren?

Hier brauch ich noch ein wenig Hilfestellung, Halil.

Mit den besten Grüßen,

Rudi

Halil

  • Jr. Mitglied
  • **
  • Beiträge: 69
    • Profil anzeigen
Re:Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise
« Antwort #28 am: 03. Juni 2012, 17:31:07 »
Hallo Mumken,

deine Fragen lauten also: Nach welchem Maßstab ist der arme Schlucker "Karl Hans Albrecht" an den Staatsschulden zu beteiligen? Welches Vermögen bleibt ihm nach der Enteignung übrig?

Zunächst einige Zahlen zur Vermögensverteilung in Deutschland: Das Gesamtvermögen in Deutschland beträgt 6,5 Billionen €. Das letzte Zehntel der erwachsenen Bevölkerung (= 6,5 Millionen) verfügt über 61,1 Prozent des Gesamtvermögens, also etwa über 3,97 Billionen €. Das macht durchschnittlich ein Vermögen von 610.769 € pro Person. Wenn ich zwecks Aufhebung der Staatsschulden 40 Prozent des Gesamtvermögens (6,5*0,4 = 2,6 Billionen €) von dieser Vermögensklasse abziehe, dann bleiben ihr immer noch 3,97 – 2,6 = 1,37 Billionen €, d. h. durchschnittlich ein Vermögen von 210.769 € pro Person, übrig.

In diesen durchschnittlichen Vermögensangaben sind aber sowohl der arme Schlucker "Karl Hans Albrecht" mit seinen 17,2 Milliarden € als auch weniger bemittelte Leute (sagen wir, von einer Vermögensstärke von 200.000 €) vertreten. Es wäre daher nicht gerecht, all diese Leute gleich zu behandeln und mit dem gleichen Steuersatz zu belegen. Stattdessen werden sie mit einem Steuersatz belegt, der proportional zum Vermögen steigt: Bis zum Freibetrag von 500.000 € werden keine Steuern erhoben. Für den Restbetrag bis zu einer Million werden 10 Prozent Steuern gezahlt. Für jede darauf folgende Million erhöht sich der Steuersatz um 10 Prozent, so dass für alles Vermögen, das über 10 Millionen € geht, 100 Prozent Steuern gezahlt werden. Nach diesem Berechnungsmaßstab zahlt also Karl Hans Albrecht Steuern in Höhe von:

für die erste Million          50.000
für die zweite Million       200.000
für die dritte Million               300.000
für die vierte Million       400.000
für die fünfte Million       500.000
für die sechste Million              600.000
für die siebte Million       700.000
für die achte Million       800.000
für die neunte Million       900.000
für die zehnte Million    1.000.000
___________________________
          5.450.000
für den Rest          17.190.000.000

Am Ende der Umschuldungsaktion ist Karl Hans Albrecht der glückliche Besitzer von 4.550.000 €.

Viele Grüße aus Istanbul

Halil

HannsGschaft

  • Jr. Mitglied
  • **
  • Beiträge: 55
    • Profil anzeigen
Re:Zur Lösung der Weltwirtschafts- und Klimakrise
« Antwort #29 am: 04. Juni 2012, 21:43:18 »
Jetzt hat mein unbedarftes Gehirn aber noch ein kleines Problem.

Diese Milliarden des Herrn Albrecht bestehen ja nicht aus Bargeld, sondern überwiegend in Form von Immobilien, Betriebseinrichtungen und Waren. Wenn ich jetzt davon ausgehe, daß er die 5 Millionen die ihm am Ende bleiben auf seinem Bankkonto liegen hat, müßte er also seinen gesamten Betrieb dem Staat übereignen. Wer hätte nach so einer Aktion noch Interesse eine Firma zu gründen? Jeder Lottogewinner stünde ohne Anstrengung und vorausgehendes Risiko besser da.

mfg
Markus